Eine Geburt läuft selten nach Plan, bzw. ist sie nicht bis ins letzte Detail planbar. Du kannst dir aber im Vorfeld überlegen, was du wann machen möchtest – oder was du wann eher nicht machen möchtest. Du kannst dir verschiedene Szenarien vorstellen und deine Vorstellung dazu im Geburtsplan äußern.
Nachdenken über die Geburt
Was am Ende auf eurer Geburtsreise passiert, weiß jedoch niemand im Vorfeld. Es ist großartig, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Sich mit der Geburt auseinanderzusetzen. Nach dem Geburtsvorbereitungskurs seid ihr bestens gewappnet, um euch zu überlegen, was ihr in welcher Situation wollt und was eher nicht, bzw. was auf euch zukommen kann. Das wichtigste jedoch ist, offen zu bleiben und sich nicht auf einen Weg zu versteifen und sich dadurch eventuell selbst im Weg zu stehen. Was einen Geburtsplan erst wirksam macht, ist die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und den eigenen Wünschen für die Geburt.
Ein Beispiel: Du bist eine Wasserratte und möchtest unbedingt unter der Geburt ins Wasser gehen? Das ist super. Manifestiere das gern für dich. Schreibe deinen Wunsch auf. Rede mit deinem/deiner Partner:in darüber. Es kann jedoch sein, dass du auf deiner Reise merkst, dass du Wasser in dieser Situation überhaupt nicht magst und so schnell wie möglich wieder „an Land“ möchtest. Dass du Medikamente bekommen musst, welche eine Geburt in der Gebärwanne leider unmöglich machen. Dass es so schnell geht, dass du es nicht in die Wanne schaffst, bevor das Kind da ist, oder dass es so lange dauert, dass du irgendwann nicht mehr in der Wanne sein möchtest. Das alles darf passieren und sollte dir nicht das Gefühl geben, nicht an deinem Plan festhalten zu können.
Denn wie gesagt: Nichts läuft nach Plan. Oder eher selten. Es sind dann doch Wünsche und die dürft ihr frei äußern und das ist auch sehr gut, wenn ihr das macht. Somit ist das Geburtsteam im Vorfeld gebrieft. Das Team wird versuchen, eure Wünsche und Bedürfnisse zu erfassen und im machbaren Rahmen umzusetzen und mit euch darüber sprechen, was in eurem individuellen Fall möglich ist oder den Klinikstandards evtl. widerspricht. Somit wird ein „shared decision-making“ (gemeinsame Entscheidungsfindung) während der Geburt erleichtert.
Vorgespräch am Geburtsort
Immer mehr Kliniken oder Hebammenteams bieten auf ihren Webseiten einen individuellen Vordruck für einen Geburtsplan an (oder schaut mal über Google). Dieser kann und sollte zum Vorgespräch mitgebracht und gemeinsam besprochen werden. Dieser Termin ist auch der perfekte Zeitpunkt, um den Geburtsplan abzugeben und auszuloten, wie das Team auf eure Wünsche reagiert. Was ist realistisch und was geht nicht? Eine 1:1 Betreuung unter der Geburt ist zum Beispiel unrealistisch, weil es durch strukturelle Probleme oft schlicht nicht machbar ist. Vielleicht merkt ihr während des Gesprächs auch, dass diese Klinik doch nicht der richtige Ort für euch ist.
Ein Geburtsplan ist rechtlich nicht bindend, jedoch muss das Team für jede Intervention euer Einverständnis einholen. Er fördert die gemeinsame Entscheidungsfindung und deine Autonomie. Die Kommunikation von Bedürfnissen, Ängsten und Wünschen geht mit weniger Kontrollverlust einher.
Gleichzeitig muss man den Geburtsplan kritisch sehen, wenn er mit sehr starren Vorstellungen und zu detailliert geschrieben wurde. Das kann zu Enttäuschungen führen, wenn es zu unvorhergesehenen Situationen oder Verläufen kommt, was dann das geburtshilfliche Ergebnis eher negativ beeinflussen kann.
Was gehört in den Geburtsplan?
Die Form eines eigens erstellten Plans sollte stichpunktartig geschrieben sein. Im Klinikalltag hat in der Regel niemand die Zeit, lang ausformulierte Sätze zu lesen, um diese dann umzusetzen. Generell ist ein wohlwollender Ton in der zwischenmenschlichen Kommunikation immer angebracht. Das geburtshilfliche Team sollte sich mit den Forderungen nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Ihr wollt zusammen eine gute Geburtsreise. Der Plan kann unterteilt sein in die verschiedenen Geburtsphasen, oder auch stufenartig formuliert, zum Beispiel beim Thema Schmerzmittel:
- erst einmal keine Schmerzmittel
- bei Schmerzen zunächst alternative Methoden nach Angebot
- Opioide, Lachgas, PDA schließe ich bei Bedarf nicht aus
Mögliche Themen deines Geburtsplanes:
1. Begleitung: Wer begleitet dich zur Geburt? Soll die Begleitung die ganze Zeit im Raum anwesend sein oder für bestimmte Untersuchungen den Raum verlassen?
2. Allergien / Unverträglichkeiten (gegen Medikamente, Nahrungsmittel)
3. Geburtsort: Bevorzugst du einen bestimmten Saal (falls verfügbar)?
4. Atmosphäre, z.B. gedämpftes Licht, CTG (Herztonüberwachung) auf lautlos, viel Ruhe für dich oder doch eher viel Präsenz der Hebamme?
5. Schmerzmittel (siehe Beispiel links)
6. Geburtspositionen: Welche? Brauchst du Anleitung oder möchtest du dich selbst durchprobieren? Möchtest du einen Handspiegel, um die Geburt selbst zu sehen?
7. Thema Dammschnitt (wird nur noch in Notfällen durchgeführt)
8. Möchtest du dein Kind selbst aufnehmen, wenn es geboren ist, oder soll dein/e Partner:in es dir auf die Brust legen?
9. Wer durchtrennt die Nabelschnur? Das Auspulsieren der Nabelschnur bis zum Abnabeln sollte heutzutage auch Standard in den Kliniken sein.
10. Golden Hour (ungestörtes Bonding in der ersten Stunde nach Geburt)
11. Kaiserschnitt: Wer begleitet dich in diesem Fall in den OP? Wünschst du eine Kaiserinnengeburt (Sichtschutz-Tuch wird bei der Geburt abgesenkt)? Bonding im OP? U1 in deinem Beisein nach der OP? Begleitung der/des Partner:in zur Erstversorgung im Nebenraum?
12. Plazentaperiode: Möchtest du die Plazenta mit nach Hause nehmen?
13. Stillen: Intuitives erstes Anlegen im Kreißsaal? Möchtest du stillen, nicht stillen, nur das Kolostrum stillen?
14. Bonding: Möchtest du dein Kind für die Zeit des Aufenthaltes auch auf der Station skin-to-skin bonden und nur, wenn es allein im Bettchen liegt, Kleidung anziehen?
Ob du einen Geburtsplan schreibst oder nicht, ob du ihn nur für dich schreibst, um dir Gedanken zu machen und über einiges klar zu werden, oder in der Klinik abgibst – wichtig ist nur, dass du für dich den richtigen Weg findest. Ein Geburtsplan ist kein Regelwerk. Er ist ein Leitfaden. Du kannst klare Vorstellungen haben, die im Optimalfall auch umgesetzt werden können. Sollte die Geburt anders verlaufen, sollten du und dein Plan ebenso flexibel wie eure Geburtsreise sein. Also dann: Wünsch dir was, aber bleib offen!
Hier findet ihr einen beispielhaften Geburtsplan des Josefs-Klinikums.
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