Familieninterview: “Die Familie ist unser Ruhepol”

Familie Interview Kinder Reisen

Ginette (40) und Enrico (47) leben mit ihren drei Kindern Marlin (9), Mathilda (8) und Moana (6 Monate) und Hund Malu in Potsdam. In ihrem Leben dreht sich alles ums Reisen und um das Abenteuer, Familie und Business miteinander zu verbinden. Wie sie das als selbständige Unternehmer schaffen und welchen Lebenstraum sie sich gerade erfüllen, das haben sie uns im Gespräch verraten.

Drei Kinder, zwei Unternehmen – wie sieht ein typischer Tag bei euch zu Hause aus?

Ginette: Unser Tag ist komplett durchstrukturiert. Das fängt morgens um 6 Uhr an. Aufstehen, alle fertig machen, dann geht Enrico zuerst zur Arbeit, während ich die Kinder zur Schule bringe. Danach hat Moana ihre erste Schlafenszeit und ich kann schon ein bisschen arbeiten. Wenn die kleine Maus wach ist, spielen wir oder gehen spazieren. Bei Meetings und Telefonaten ist sie dabei. Nachmittags holen wir die beiden Älteren ab und entspannen uns zu Hause oder sind draußen unterwegs. Tatsächlich fällt das ganze Kartenhaus zusammen, wenn einer krank wird. Das kann stressig werden, wenn alles umorganisiert werden muss. Aber normalerweise ist unser Alltag wirklich krass durchorganisiert. Anders geht es auch nicht. Wenn du nicht genügend Struktur hast – für dich, für die Kinder, fürs Unternehmen – dann kriegst du es nicht gebacken.

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Habt ihr einen Wochenplan?

Enrico: Es ist viel Selbstdisziplin dabei. Meistens gehen wir am Wochenende nochmal unsere Termine für die Woche durch und besprechen, wer wann wo jemanden hinbringt. Sogar unser Einkauf ist vorgeplant. Allerdings bestellen wir unsere Lebensmittel oft im Supermarkt und holen sie dann einfach auf dem Weg nach Hause ab, das ist einfacher.

Und dann haben die Kinder ja ihre Hobbys – wie organisiert ihr das?

Ginette: Mathilda ist beim Cheerleading und beim Reiten. Marlin spielt Handball. Er hat zweimal die Woche Training, am Wochenende meistens noch ein Spiel. Wir haben also zwei Tage in der Woche, an denen keine Aktivitäten stattfinden. Da ist noch Luft. Aber oft planen wir auch die Oma ein, die uns im Alltag unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar.

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Ginette, du hättest ja eigentlich Elternzeit – wie vereinbarst du Arbeit und Baby?

Ginette: So gerne ich Elternzeit machen würde, aber es fehlt dann leider ein Einkommen. Also arbeite ich nachts oder tagsüber, wenn die Kleine schläft. Ich nehme sie auch mit zu Terminen. Mittlerweile mache ich mir da keinen Stress mehr, dann dauert es halt länger. Es gibt auch Tage, da ist die Kleine total unruhig. Dann mache ich halt beim Meeting die Kamera aus, um zu stillen. Aber wenn ich merke, es geht ihr nicht gut, dann verschiebe ich den Termin einfach. Es sollte heutzutage ganz normal sein, dass man seine Arbeit an die Familiensituation anpasst.

Welche Rituale habt ihr, die euch als Familie zusammenhalten und eure Verbindung stärken?

Ginette: Wir setzen uns am Wochenende hin und besprechen, was gut und was nicht so gut war in den letzten Tagen. Das sind dann Fragen wie: Wir geht es mir? Was war richtig cool? Was hat mir wehgetan? Was wünsche ich mir? Jeder darf sich dann äußern, ohne dass die anderen es bewerten. Das hilft uns, das Erlebte zu verarbeiten. Ein weiteres beliebtes Ritual sind die Krafttiere. Jeder darf eine Karte ziehen, auf dem ein Tier mit einer bestimmten Botschaft drauf ist – für den neuen Tag oder die neue Woche. Das machen die Kinder total gerne.

Enrico: Wir versuchen, die Nachmittage von ca. 15 bis 20 Uhr für die Familie freizuhalten und nur in Ausnahmefällen Termine zu machen. Und in jeden Ferien wegzufahren, um als Familie Kraft zu tanken.

Könnte man sagen, das ist euer Lebensmotto: „Family first“?

Ginette: Ja, auf jeden Fall. Familie hat bei uns immer oberste Priorität. Geht es einem Familienmitglied schlecht, sind alle da. Das ist für uns eine wichtige Säule im Leben, die uns Stabilität gibt. Wir führen ja auch ein Familienunternehmen, das wir von meinen Eltern übernommen haben, eine Firma für Gebäudereinigung und -sanierung. Auch dort versuchen wir, das Konzept „Familie“ zu leben. Es gibt immer Situationen, wo die Kinder krank sind oder Kita und Schule geschlossen haben. Dann sagen wir zu unseren Mitarbeitenden: Alles klar, schaut, ob ihr zu Hause arbeiten könnt oder nehmt das Kind mit. Das ist kein Problem, wir sind da sehr flexibel. Das geht natürlich nicht an der „Basis“, aber hier werden die Mitarbeiter dann eben freigestellt oder man schaut wie die Familiensituation ist, so wird dann der Einsatz des Mitarbeiters angepasst, wenn möglich.

In eurer Wohnung stehen überall Schätze, die ihr von Reisen mitgebracht habt. Welches waren eure schönsten Erlebnisse?

Enrico: Wir sind totale Meermenschen. Vor ungefähr 15 Jahren haben wir in Kalifornien angefangen zu surfen. Das hat uns so sehr fasziniert, dass wir von da an jeden Urlaub an einem anderen Surfspot verbracht haben. Einerseits, um das Surfen zu lernen, andererseits, um den Lifestyle aufzusaugen.

Ginette: Wenn wir im Meer sind, haben wir keine Chance, über irgendwas nachzudenken. Gerade als Unternehmer gibt es viele Momente, wo man nicht so einfach abschalten kann. Aber im Meer bist du komplett im Augenblick. Du musst dich auf dich konzentrieren, auf dein Brett, auf die Welle. Du hast gar keine Chance, an was anderes zu denken. Dein Kopf ist aus. Du musst dich deinen Ängsten, deinen Herausforderungen stellen und lernst dich als Persönlichkeit ganz anders kennen. Es ist nicht nur Training für den Körper, sondern auch für den Geist.

Enrico: Das Meer verändert dich. Gerade wenn du ein großes Ego hast und denkst, du kannst und schafft alles, wirst du eines Besseren belehrt. Denn die Natur ist unberechenbar und zeigt dir genau, wo du stehst. Sobald ich mit meinem Surfbrett ins Meer reinlaufe, habe ich Urlaub. Da kann im Unternehmen gerade die Hölle los sein, es ist in diesem Moment egal. Auf dem Brett kann ich Kraft tanken und nur mit mir selbst sein. Wenn du nach einer Stunde aus dem Meer kommst, ist der Effekt größer, als wenn du fünfmal die Woche ins Fitnessstudio gehst.

Wie gut sind eure Surfskills mittlerweile?

Enrico: Wir sind weit davon entfernt, Profis zu sein. Aber wir haben ge-lernt, das Wasser und seine Strömungen zu lesen, um sicher auf dem Brett stehen zu können.

Ginette: Uns hat es beide schon so doll vom Brett gefegt, dass wir Sterne gesehen haben. Darum würden wir nie auf einer Riesenwelle über 2,50 Meter surfen, so wie wir es bei den Profis auf Hawaii gesehen haben. Dafür ist die Wasserkraft einfach zu gewaltig. Aber wenn wir im Sommer auf dem Templiner See surfen, sind die Wellen ja nicht so hoch. Dort können wir sehr gut üben, um im Meer klarzukommen. Die Bugwelle, die hinter dem Boot erzeugt wird, ist stetig und es gibt keine Überraschungen.

Du standst sogar noch mit Babybauch auf dem Surfbrett. Was hat dein Frauenarzt dazu gesagt?

Ginette (lacht): Der sagt dazu nix! Am Ende geht es ja ums Gefühl. Ich würde das nie einer Schwangeren empfehlen, die noch nie auf dem Surfbrett gestanden hat. Aber in meinem Fall ging das bis zum siebten Monat sehr gut. Das Surfen hat mir sogar geholfen, weil ich solche Glücksgefühle hatte. Und wenn es mir als Mama gut geht, überträgt sich das natürlich auch auf das Baby.

Können eure Kinder auch surfen?

Ginette: Ja, im flachen Wasser gehen sie auch schon aufs Brett. Im letzten Sommer sind Marlin und Mathilda mit uns gemeinsam auf den Wellen gesurft. Die beiden auf dem Bodyboard – das ist die Startvariante für Kinder – und wir auf dem Surfbrett, das war richtig cool.

Enrico: Dieser gemeinsame Sport ist das, was uns als Familie sehr stark verbindet. Bei anderen Familien kann das der Wald sein, oder die Berge, bei uns ist es das Surfen. Für die Kinder hat das den Vorteil, dass sie die digitale Welt, in der wir alle leben, verlassen. Heutzutage wachsen die Kinder mit iPads und Smartphones auf. Aber wenn wir am Strand sind, würden die Kids nie auf die Idee kommen, nach dem iPad zu fragen. Das ist so, als würde es das alles gar nicht geben. Daran sieht man auch, wie einfach es sein kann, Kinder in ihren natürlichen Ursprung zurückzuführen. Auf Hawaii haben wir Schildkröten und Mantarochen gesehen und das war für die Kinder ein absolutes Highlight.

Ginette: Ja, oder als wir zum Tauchurlaub auf Ibiza waren, da haben wir Seegurken gesehen. Dadurch geben wir den Kindern auch sehr viel Wissen und Bewusstsein für die Umwelt mit. Wenn im Meer ein Stück Plastik schwimmt, sammeln wir es ein. Mittlerweile machen die Kinder das schon alleine. Unser Credo ist: Wir bringen nichts hin, sondern wir nehmen immer was mit.

An eurer Wand im Wohnzimmer hängt eine Landkarte. Welche Reiseziele habt ihr noch?

Ginette: Oh, die Liste ist lang! Wir wollen einmal im Jahr irgendwo hinfahren, wo wir noch nicht waren.

Enrico: Also Indonesien fehlt noch, Südafrika, Australien. Ich persönlich möchte unbedingt mal nach Japan, um die Kultur kennenzulernen. Aber einige Ziele, wie Südamerika, heben wir uns auf, bis die Kinder größer sind.

Ihr habt einen Van, mit dem ihr oft verreist. Wenig Platz für fünf Leute plus Hund. Wie geht entspanntes Reisen mit Kindern?

Ginette: Das ist ein alter Lieferwagen von unserer Firma, den haben wir umbauen lassen. Die Inneneinrichtung ist ganz ohne Plastik, stattdessen mit balinesischem Leichtholz. Damit fahren wir direkt auf Stellplätze ans Meer vor und schlafen beim Meeresrauschen ein. Wir lieben es, unterwegs zu sein und neue Orte zu entdecken.

Enrico: Mit dem Van kommen wir an Orte, die wir nie sehen würden, wenn wir mit dem Flugzeug fliegen würden. Manchmal kommen wir erst mitten in der Nacht an unserem Stellplatz an und sehen morgens, wo wir gelandet sind. Ob es ein alter Bauernhof, ein Wasserfall oder ein Weinhang ist – mit dem Van haben wir schon die tollsten Spots erlebt. Manche sagen: Was, ihr fahrt 2.800 Kilometer im Van?! Aber es stört uns gar nicht, dass es so weit ist. Das Gefühl, durch Frankreich, Spanien, Italien zu fahren und dem Meer immer näher zu kommen, ist einfach unglaublich.

Ginette: Klar, mit Kindern kann es schon anstrengend sein. Aber gute Vorbereitung ist alles. Essen, Snacks, Spielsachen, Schach, Würfel… alles muss mit, damit es nicht langweilig wird. Wenn wir im Stau stehen, können wir im Van einen Kakao kochen. Und zwischendurch machen wir viele Pausen. Der Hund muss sowieso raus. Dann sind auch die Kinder eine Stunde draußen, bewegen sich, und dann geht’s weiter.

Euer aktuelles Projekt hat auch mit dem Meer zu tun. Damit erfüllt ihr euch euren Lebenstraum. Wie sieht eure Vision aus?

Enrico: Wir bauen gerade die weltweit größte Indoor-Surfanlage – mitten in Potsdam. Dort wird man dann in entspannter Atmosphäre und wetterunabhängig surfen können. Wir wollen Kurse für Fortgeschrittene und Profis anbieten. Auch Surfcamps für Kinder und Jugendliche, ein Restaurant mit internationaler Küche und Tiny Houses zum Übernachten sind geplant. Es soll einfach ein Wohlfühlort für die ganze Familie werden. Im Spätsommer wollen wir eröffnen.

Neben eurem Business habt ihr mit @ohanayogatravel auch noch einen gut besuchten Instagram-Account und einen Podcast, wo ihr eure Erlebnisse als Familie mit den Followern teilt. Woher nehmt ihr als Eltern und Unternehmer die Kraft?

Ginette: Ich brauche abends meine Yoga-Einheit. Ich muss mich einmal am Tag resetten, um nicht mit Gedankenkarussell ins Bett zu gehen. Wenn ich zu müde bin, höre ich auf meinen Körper und gehe zusammen mit der Kleinen ins Bett. Außerdem bin ich sehr viel draußen an der frischen Luft.

Enrico: Ich spiele leidenschaftlich gerne Basketball oder ich setze mich ans Klavier. Sobald ich meine Kopfhörer trage, nehme ich nichts mehr um mich herum wahr. So kann ich gut für mich selbst sorgen.

Wie sorgt ihr als Paar für euch?

Ginette: Nachdem die Kleine geboren war, war natürlich nix mit Paarzeit. Ich war immer so kaputt, dass ich für jede Stunde Schlaf dankbar war. Langsam pendelt sich der Schlafrhythmus ein und dann nutzen wir den Abend, um uns auszutauschen.

Enrico: Es gehört viel Verständnis dazu. Wenn es Streit gibt, nehmen wir uns die Zeit, um darüber zu reden und konstruktiv einen Lösungsweg zu finden. Klar gibt es Momente, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind, aber ehe wir das Problem mit ins Bett nehmen, reden wir lieber darüber und ziehen einen Schlussstrich unter den Konflikt. Dann ist der Kopf wieder frei.

Wenn ihr anderen Eltern einen Ratschlag geben könntet, wie sie ihre Träume verwirklichen und gleichzeitig eine Familie managen können – Welcher wäre das?

Enrico: Einfach machen!

Ginette: Und keine Angst davor zu haben, zu scheitern. Wie oft sind wir auf die Nase gefallen, aber man lernt ja eben nur aus Fehlern. Ein Unternehmen zu haben, heißt ja nicht, dass ich die Familienplanung hinten anstellen muss. Ja, es ist anstrengend, und ja, es ist nicht immer der einfache Weg. Aber willst du dich nach 20-30 Jahren fragen, hätte ich nicht doch besser ein Kind bekommen?

Enrico: Man kann eine Familie haben und erfolgreich sein. Ich glaube sogar, je besser man familiär aufgestellt ist, umso erfolgreicher kann man als Persönlichkeit werden. Ob als Frau oder als Mann. Jeder braucht doch irgendeinen Halt in seinem Leben. Und die Familie ist unser Ruhepol. Manche Unternehmer verstehen das nicht, dass wir unseren Fokus so auf die Familie legen. Aber ich weiß, das ist der Schlüssel unseres Erfolges.

Vielen Dank und alles Gute für euch! 

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