Kolumne: Spiel des Lebens

Spiel des Lebens Kleinkind Kolumne Spielen

Kinder wollen spielen. Das ist quasi ihr Job. Fun, Fun, Fun und das den ganzen Tag. Während unser schlaftrunkenes Gehirn in aller Herrgottsfrühe noch versucht, Ort und Datum zu begreifen, ist das Kind schon knallwach und auf Level 1000 im Entertainment-Modus. „Komm spielen“ ruft der hüpfende 2-Jährige und springt wie ein Mini-Wrestler auf einen der wehrlos müden Erziehungsberechtigten. Die Wahl seiner Knie fiel auf mich. Begeistert wie bei einem Zahnarztbesuch sitze ich im Kinderzimmer und muss Autogeräusche imitieren und mit Teddybären reden.

Es stört meinen Sohn überhaupt nicht, dass seine Zombi-Nina Hagen-Mutter so viel Enthusiasmus ins Spiel einbringt wie eine rohe Kartoffel. Er will spielen! Und ich freue mich ja, wenn er sich freut. Es ist mir aber auch eine Freude, ihm beim Spielen zuzusehen. Dann ist er so schön beschäftigt, nervt nicht und sieht obendrein zuckersüß aus dabei, wie er meine mühsam geordneten Steuerunterlagen neu „sortiert“. Was? Nein!

Leberwurst-Picasso

Das Konzept „Spielen“ ist kein Selbstläufer und was erwünscht ist und was nicht, muss leider erst mühsam ausverhandelt werden. Mit Leberwurst in Wischtechnik die Kühlschranktür verschönern, gilt vielleicht in sehr avantgardistischen Kreisen als Kunst, bei mir zu Hause ist das eine Sauerei. Es gibt Unterschiede und die lernt das Kind anhand der elterlichen Reaktionen. Für das Malen mit Stiften und Papier am Tisch z.B. erntet es immer viel Lob und Anerkennung; mit Leberwurst, oder im schlimmsten Fall Exkrementen, an den Wänden eher haltloses Entsetzen und grobes Unverständnis. Kaputtmachen ist kein Spiel und wer sich verstecken will, muss das jemandem vorher sagen, sonst macht das dem Erwachsenen mit Aufsichtspflicht überhaupt keinen Spaß, schon gar nicht im Supermarkt, wenn der dann hilflos immer lauter den altdeutschen Bildungsbürger-Namen brüllen muss.

Außerdem sollte man sich auch merken können, wo man was versteckt hat. Eltern brauchen ebenfalls Erfolgserlebnisse und wollen den Schlüssel für den Kleiderschrank auch irgendwann mal wiederfinden. Das ganze Spielvorhaben ist bei Kleinkindern leider ganz und gar nicht ergebnisorientiert, sondern lediglich impulsgesteuert. Die wollen bespaßt werden. Dauernd. Aber was soll man bitte mit jemandem spielen, der die Aufmerksamkeitsspanne eines Silvesterknallers hat? Die Spiele werden mit einer derart hohen Frequenz gewechselt, dass man nach Figuren kneten, Kugelbahn spielen, Buch vorlesen, Eisenbahn aufbauen, Bausteine stapeln, mit Fingerfarbe malen und puzzeln erschrocken feststellt, dass erst vier Minuten vergangen sind. Die Wohnung ist trotzdem schon unrettbar verwüstet. Wofür Erwachsene eine ganze Partynacht mit 30 betrunkenen Gästen zu Hause brauchen, schaffen das Kleinkinder in kürzester Zeit ganz allein. Das totale Chaos ist der natürliche Lebensraum des Dreikäsehochs.

Meditatives Schaukeln

Darüber hinaus habe ich den Verdacht, mein zweijähriger Sohn versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben mit der schier endlosen Wiederholung ein und derselben Benjamin Blümchen Hörspielgeschichte. Törööööö! Ich flippe aus! Da hilft nur frische Luft und ein Spielplatz. Rutschen und Schaukeln sind wirklich angenehme Beschäftigungen, weil man nicht ständig im Animationsmodus ist. Anschubsen ist meine Meditation. Im Buddelkasten hingegen steckt man schon wieder voll drin im Kindertheater und soll ständig so tun als ob. An Sandkugeln lecken zum Beispiel, weil irgendein findiger Spielzeughersteller auf die verdammte Idee kam, dass Eiswaffeln doch lustige Förmchen wären. „Hmmmm lecker, Schokoeis!“ Mein Sohn guckt dann immer, als wenn ICH diejenige bin, die betreut werden müsste.
Jetzt im Herbst kann man draußen wunderbar Kastanien sammeln. Das Kind freut sich über jede braune Frucht wie Goldgräber über ein Nugget – Wir wohnen in der Kastanienallee! Er freut sich sehr viel. Jeden Tag tragen wir ganze Eimer voll nach Hause, nur um sie dann abends in den Müll zu kippen. Es ist eben nur ein Spiel und hat kein Ziel außer Spaß. Und das ist doch der Sinn des Lebens.

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