Als Benedikt (35) vor 11 Jahren eine Zusage für einen Studienplatz an der Filmuniversität in Potsdam erhielt, folgte Laura (37) ihrer großen Liebe. Die Personalberaterin (aktuell in Elternzeit) und der Grafikdesigner, Animator und Regisseur haben mittlerweile zwei Kinder – Theodor (5 Jahre) und Wilma (8 Monate) und leben im familienfreundlichen Bornstedt.
POLA: Wo habt ihr zwei euch eigentlich kennengelernt?
Laura: Wir haben beide ehrenamtlich bei der Jugendarbeit in Ludwigsburg gearbeitet und uns dort im Laufe der Zeit angefreundet. Am Anfang dachte ich noch, dass er viel zu jung für mich ist. Aber bei ihm konnte ich immer so sein, wie ich bin. Und irgendwann sind wir zusammen ein Eis essen gegangen, aber ich habe es gar nicht als Date wahrgenommen.
Benedikt: Ich habe sie abends immer nach Hause begleitet, damit sie nicht allein gehen musste und dann hat sie mich an einem Abend einfach geküsst. Allerdings war das unser schrecklichster Kuss. (beide lachen) Laura war total verwirrt und ich hatte einen Eukalyptusbonbon im Mund, das ich einfach nicht losgeworden bin. Zwei Tage später hat Laura unsere Beziehung dann schon wieder beendet. In den nächsten 8 Wochen haben wir uns regelmäßig gesehen, da wir auch gemeinsame Freunde hatten. Und bei einer Party habe ich dann selbst die Initiative ergriffen. Bei unserem zweiten Kuss lief zufällig der Dirty Dancing-Hit „Time of my Life“, aber das war so natürlich nicht geplant. Aber es hat sich gelohnt!
Und dann habt ihr geheiratet?
Laura: Wir haben 2013 in Ludwigsburg geheiratet und anschließend im teilweise unrenovierten, aber sehr charmanten Schloss Bruchsal gefeiert. Bei 37 Grad, mit sehr guter Musik und leckerem Bauernhofeis.
Was gefällt euch an Potsdam?
Laura: An manchen Ecken hat man das Gefühl, in Paris zu sein und besonders am Anfang habe ich mich oft wie im Urlaub gefühlt. Da war ich des Öfteren am Heiligen See. Im Allgemeinen lieben wir das viele Wasser, die Parks und die Weitläufigkeit. Aber es ist auch überschaubar, denn man trifft immer wieder auf dieselben Leute. Auch die Nähe zu Berlin ist ein weiterer Pluspunkt.
Benedikt: Das Angebot für Kinder ist einfach grandios. Auch die kulturelle Vielfalt gefällt mir gut. Wir sind oft im Nikolaisaal oder in der Schiffbauergasse. Am liebsten bin ich im Sommer in der Nähe der Glienicker Brücke. Dort kann man wunderbar picknicken und die Kinder können baden.
Und fühlt ihr euch in Bornstedt wohl?
Benedikt: Ja, denn es ist wie ein kleines Dorf. Unsere Nachbarskinder gehen alle in dieselbe Kita oder Schule und man trifft sich dann am Nachmittag auf dem Spielplatz. Man muss nie befürchten, dort allein zu sein. Auch bei den Festen trifft man immer wieder bekannte Gesichter. Das finden wir einfach großartig.
War es schwer, eine Wohnung zu finden?
Benedikt: Eigentlich nicht. Als das Bornstedter Feld neu entwickelt wurde, haben wir uns eine Musterwohnung angesehen und sind hier eingezogen. Eine Altbauwohnung in Babelsberg wäre unser großer Traum, aber es ist einfach schwer, etwas passendes zu finden.
Laura: Ich träume immer noch vom Fischgrätenparkett und den Flügeltüren, aber es ist hier in Potsdam einfach nicht bezahlbar.
Wie würdet ihr euren Einrichtungsstil beschreiben?
Laura: Wir sind dabei, unsere Möbel aus Studentenzeiten gegen hochwertige Möbel auszutauschen. Aber das geht natürlich nicht alles auf einmal, sondern nach und nach. Bei uns trifft Altes auf Neues und das macht für mich einen besonderen Charme aus. Es ist ein Stilmix aus Midcentury, Hygge und einem Hauch Exzentrik.
Und was inspiriert dich beim Einrichten?
Vor allem Instagram. Es gibt Accounts, die mich dort unheimlich inspirieren. Dazu zählen herz.und.blut, swantjeundfrieda, myinteriordetails und timlabenda.
Welcher Raum ist euer Lieblingsraum?
Benedikt: Wenn ich meine Ruhe haben will, dann lege ich mich in die Kuschelecke unter das Kinderbett. Wenn ich meinem Sohn abends etwas vorlese, sitze ich super gern auf den Stufen des Hochbettes. Das Kinderzimmer gehört definitiv zu meinen Lieblingsräumen.
Laura: Für mich ist es ganz klar das Wohnzimmer. Hier haben wir gerade viel renoviert. Es ist einfach ein großer Raum mit gemütlicher Couch, Esstisch und offener Küche.
Wie organisiert ihr Beruf und Familie?
Benedikt: 50/50. Wir arbeiten beide in Teilzeit, damit das auch gut funktioniert. Laura arbeitet nach der Elternzeit wieder an zwei Tagen neun Stunden und an zwei Tagen nur bis 14 Uhr. Und ich arbeite an vier Tagen so mittellang und kümmere mich am fünften Tag um meine Selbstständigkeit. Wenn ich richtig viel selbstständig arbeiten muss, stehe ich morgens um 3 Uhr auf, gehe tagsüber meinem regulären Job nach und arbeite abends, wenn die Kinder schlafen, dann weiter. Aber das sind wirklich Ausnahmen. Als mein Sohn in der Corona-Zeit zu Hause war, haben wir dann auch noch am Samstag gearbeitet, denn sonst hätten wir es nicht geschafft. Das war auch eine harte Zeit, denn die Wochenende sind bei uns ausschließlich Familientage.
Und arbeitet ihr im Homeoffice?
Laura: Ich habe einen Homeoffice-Vertrag, in dem steht, dass ich nur einmal wöchentlich nach Berlin in mein Büro muss. Aber das mache ich ganz gern, denn danach treffe ich mich oft mit Freunden. Benedikt muss nicht ins Büro, denn er hat 100 Prozent Homeoffice, aber auch für ihn ist es auch mal schön, nicht von zu Hause aus zu arbeiten.
Und wer kümmert sich um den Haushalt?
Benedikt: Auch da sind wir gut aufgeteilt. Ich mache die Küche, kümmere mich um das Kochen und gehe einkaufen. Laura kümmert sich um die Bäder, die Wäsche und macht viel drum herum. Sie ist auch der Typ, der ständig versucht, alles ordentlich zu halten und vieles nebenbei wegräumt.
Eure Wohnung ist so schön und ordentlich. Wie klappt das mit zwei Kindern?
Benedikt: Indem wir Leute einladen und damit gezwungen werden, aufzuräumen! (lacht) Natürlich herrscht auch bei uns manchmal das totale Chaos, aber das ist ja ganz normal.
Laura: Ich bin ein ästhetischer Mensch und ich kann mich nur wohlfühlen, wenn es einigermaßen ordentlich bei uns ist. Wenn die Kinder schlafen, versuche ich die Spielecke vor der Couch aufzuräumen und alles in den Spielkisten zu verstauen. Und auch unseren Esstisch versuche ich immer wieder freizuräumen, denn ich mag es nicht, wenn man alles darauf abstellt. Ich sauge auch mehrmals am Tag, da meine Tochter ja krabbelt und sonst ständig irgendwelche Krümel an ihr hängen.
Wolltet ihr schon immer zwei Kinder?
Laura: Ehrlich gesagt haben wir nicht so viel darüber gesprochen. Ich wollte nie mehr als zwei Kinder und als unser Sohn auf die Welt kam, wollten wir auch erstmal schauen, wie es läuft. Als er dann so ca. drei Jahre alt war, kam so langsam der Wunsch, noch ein zweites Kind zu bekommen. Benedikt und ich haben beide jeweils zwei Geschwister und das ist schon schön.
Laura, wie verliefen deine beiden Geburten?
Beide Geburten verliefen weitestgehend ohne Komplikationen. Beide meiner Kinder kamen nach Beginn der ersten Wehen innerhalb von 4 ½ Stunden zur Welt. Die Geburt meiner Tochter habe ich als schöner empfunden, weil ich bis zur Geburt fürsorglicher durch die Hebamme betreut wurde. Es war eine ambulante Entbindung. Es war schön, bereits 5 Stunden nach Geburt wieder zu Hause zu sein. Bei der Geburt meines Sohnes wurde ich bis zur Austreibungsphase weitestgehend im Flur der Wochenbettstation alleine gelassen und nicht ernst genommen. Zum Glück konnte mein Mann beide Male bei mir sein.
Und was ist euch bei der Erziehung eurer Kinder wichtig?
Laura: Mir ist wichtig, dass die Kinder selbstbewusst werden und für sich herausfinden, was ihnen gefällt und was sie im Leben erreichen wollen. Auch eine möglichst geschlechtsneutrale Erziehung ohne Rollenklischees ist uns beiden sehr wichtig. Unser Sohn lernt Judo, macht einen Schwimmkurs und hat jetzt mit Ballett angefangen.
Habt ihr da schon mal negative Erfahrungen gemacht?
Laura: Eine Freundin von mir hat mehrfach abfällige vermeintlich lustige Kommentare gemacht, weil mein Sohn lackierte Fingernägel hatte. „Ja, ja, ich seh‘ schon in welche Richtung das geht.“ Und wollte damit andeuten, dass er homosexuell wird, weil er lackierte Nägel hatte und das schön fand. Was natürlich vollkommener Blödsinn ist. Als ich Benedikt kennengelernt habe, hatte er auch lackierte Fingernägel.
Wie seid ihr denn selbst aufgewachsen?
Laura: Ich war in der Schule im Technikkurs richtig gut und im hauswirtschaftlichen Kurs sehr schlecht. Letztendlich habe ich am Ende den hauswirtschaftlichen Kurs vertieft, weil das alle Mädchen aus meiner Klasse gemacht haben. Ich hatte Angst, nicht mehr akzeptiert zu sein, wenn ich als einziges Mädchen den Technikkurs wähle.
Benedikt: Ich habe als Kind selber Ballett getanzt und hatte kein Problem damit, als Freak zu gelten. Ich habe nie verstanden, warum ich mich selbst einschränken soll, nur um anderen zu gefallen. Meine Eltern hatte den Ansatz, man darf erst sagen, dass man etwas nicht mag, wenn man es mindesten einmal ausprobiert hat.
Und verläuft deine zweite Elternzeit anders als die Zeit mit deinem Sohn?
Laura: Ja, ich bin viel entspannter und mache mir nicht mehr so den Druck. Beim ersten Kind war ich oft unsicher. Der Beikoststart verlief mit meiner Tochter überhaupt nicht gut und ich habe gemerkt, dass sie viel mehr auf Baby Led Weaning abfährt (das Baby entwöhnt sich selbst (von der Muttermilch) und (beginnt statt Brei, direkt mit fester Nahrung und Lebensmitteln) probiert zum Beispiel Teile des Erwachsenenessens mit, Anmerkung der Redaktion). Das ist für mich jetzt total okay, denn ich weiß, dass sie durch das zusätzliche Stillen auf keinen Fall verhungern wird. Wäre das bei meinem Sohn so gelaufen, wäre ich sicherlich nicht so entspannt gewesen.
Nach der Geburt meines Sohnes wollte ich so schnell wie möglich, dass mein Leben so weitergeht wie vorher. Jetzt mit meiner Tochter war der Start viel entspannter, da es mitten im Lockdown war. Wir konnten ja auch keinen Besuch empfangen. Aber irgendwann ist mir dann die Decke auf den Kopf gefallen und ich war so froh, als der erste PEKiP-Kurs starten konnte und wir wieder raus konnten.
Was ist für euch das Schönste am Kinderhaben?
Laura: Dass man selber wieder Kind sein kann und mit ihnen in die kindliche Fantasiewelt eintaucht.
Benedikt: Diese absolute unvoreingenommene Liebe, die man von den Kindern bekommt und dass man mit ihnen einfach gemeinsam Geschichten erfinden kann.
Und das Schwierigste?
Laura: Dass man keine Zeit für sich hat. Und lange im Voraus planen muss, wenn man mal wieder Paarzeit haben will. Man braucht einfach immer jemanden für die Kinder. Wir können einfach nicht mehr so spontan sein und das vermisse ich schon. Aber man weiß ja auch, dass diese Zeit wieder zurückkommt.
Liebe Laura, lieber Benedikt, vielen Dank für das Interview und alles Liebe euch 4!
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