Was Hannah (30) und Ibrahim (34) beim Kennenlernen direkt verbunden hat und sie als Eltern und Paar weiterhin zusammenhält ist die große Lebensfreude, ihre gemeinsamen Werte und Grundüberzeugungen, aber auch das Schätzen ihrer Unterschiede. Ein Jahr nach ihrem Kennenlernen wurde Hannah mit Tochter Nala (3) schwanger, das Paar hat geheiratet und sie zogen in eine gemeinsame Wohnung. Nun freut sich die kleine Familie, zu der mittlerweile auch der 1-jährige Noah gehört, auf das dritte Baby. In den nächsten Wochen soll ein kleines Mädchen auf die Welt kommen.
POLA: Liebe Hannah, lieber Ibrahim, wo habt ihr beide euch kennengelernt?
Hannah: Nach dem Abitur habe ich in Frankfurt am Main studiert und gearbeitet. Ich stand kurz davor, wieder zurück nach Berlin zu gehen, da begegnete ich Ibrahim. Es war ein Sommertag und er hat mich auf der Straße sehr nett angesprochen. Er hat mir ein Kompliment gemacht. Danach sind wir uns immer wieder zufällig begegnet und haben uns irgendwann ineinander verliebt.
Der Zufall wollte wohl, dass ihr euch immer wieder über den Weg lauft?
Ibrahim: Ja, das glaube ich auch. Als ich sie zum ersten Mal sah, fiel mir gleich auf, wie schön sie war und ich musste es ihr auch sofort sagen. Ich habe einfach den Moment genutzt und sie angesprochen.
Hannah: Zu dieser Zeit war ich ein super happy Single. Ich habe es geliebt, mein Leben selbst zu gestalten und dann kam Ibrahim. Für mich stand immer fest: Entweder passt es zu 100 Prozent oder ich bin glücklich allein. Ibrahim hat mich von Beginn an begeistert.
Und wie ging es dann weiter mit euch?
Hannah: Nach unserem Kennenlernen bin ich relativ schnell nach Potsdam gezogen und unsere Dates fanden dann immer in Berlin oder Frankfurt statt. Kurze Zeit später hat sich dann Nala angekündigt. Die Schwangerschaft war nicht geplant und wir haben auch einen kurzen Moment gebraucht, um die Situation zu begreifen. Wir sind dann allerdings schnell zu dem Entschluss gekommen, dass uns in dem Moment nichts Besseres passieren konnte. Kurz darauf haben wir auch geheiratet.
Ibrahim: Als mir Hannah von ihrer Schwangerschaft erzählt hat, bin ich sofort nach Neukölln gezogen. Ich wollte Hannah damit das Gefühl geben, dass ich immer für sie da bin.
Wolltet ihr beide von Anfang an Kinder?
Hannah: Absolut! Und ich bin so dankbar, dass unsere Kinder so früh in unser Leben treten. Denn so können wir sie wachsen sehen, aber sie uns genauso.
Ibrahim: Keine Frage, es ist sehr anstrengend, aber hey, in zehn Jahren sind sie schon so groß, ich bin 44 Jahre und kann immer noch so vieles machen. Wir stecken einfach jetzt viel Arbeit rein.
Und war es auch immer euer Traum, eine Großfamilie zu haben?
Hannah: Oh wow, stimmt, wir sind ja bald eine Großfamilie. Ich finde es unheimlich bereichernd, aber es ist uns auch sehr wichtig, dass auch wir als Eltern unsere Leidenschaften und Interessen nicht aus den Augen verlieren.
Und was ist das Schönste daran?
Ibrahim: Einen sicheren Hafen zu haben. Meine Familie akzeptiert mich so, wie ich bin. Ich gebe ihnen viel von mir, denn das macht Familie aus. Ich fühle mich oft wie Peter Pan, denn wenn ich die Unbeschwertheit meiner Kinder erlebe, tauche ich auch gern mit ein. Es ist oft so einfach, aber wir Erwachsenen haben den Blick für die vielen schönen Dinge verloren. Man wird durch die Kinder oft gezwungen, in die Kinderwelt mit einzutauchen und beispielsweise zwanzig Minuten lang eine Grille zu beobachten. Aber es entschleunigt mich total.
Hannah: Ich finde jede weitere Persönlichkeit, die zu unserer Familie hinzukommt, unheimlich bereichernd. Ich bin auch schon gespannt, welchen Charakter unser Baby mitbringt. Unsere Kinder geben uns den Fokus auf das Wesentliche im Leben und sie entschleunigen uns auch total. Sie geben uns eine Ausrichtung, denn wir sagen viel mehr nein und machen nur noch das, was wir fühlen oder wofür unsere Leidenschaft brennt.
Wie seid ihr denn selbst aufgewachsen?
Hannah: Ich bin sehr glücklich aufgewachsen und dankbar dafür. Die Devise unserer Familie war eine bedingungslose Liebe, Vertrauen und „Machen lassen“. Egal, wo unser Weg hinging (ich habe noch einen Zwillingsbruder), unsere Eltern standen immer hinter uns. Mein Papa hat uns fast jeden Tag gesagt, dass er stolz auf uns ist.
Ibrahim: Bevor es in Somalia zum Bürgerkrieg kam, hat mein Papa meine zwei Brüder, meine schwangere Mama und mich nach Deutschland geschickt. Da war ich fünf Jahre alt. Ab 1992 lebte dann auch mein Papa bei uns. Mein Bruder ist dann leider an Krebs verstorben und kurze Zeit später kamen dann noch zwei Geschwister zu unserer Familie dazu. Meine Eltern sind sehr liebevoll, aber meine Mutter war sehr streng und hat ihre Liebe anders gezeigt. Mein Vater war das komplette Gegenteil. Er hat uns immer über den Kopf gestreichelt und uns in den Arm genommen. Für meine Mutter musste ich allerdings immer 200 Prozent geben. Wenn ich eine Drei nach Hause gebracht habe, gab es massiven Ärger. Mit 17 Jahren bin ich dann zu Hause ausgezogen.
Wenn Nala im Supermarkt einen Wutanfall hat, dann habe ich sofort im Kopf, wie meine Mutter das schnell geregelt hätte. Jetzt weiß ich, welcher Schaden daraus entstehen kann. Ich bin aber dankbar dafür, denn ich weiß auch, dass meine Mutter es auch gut meinte, denn sie wollte, dass aus uns was wird und wir hier in Deutschland ankommen.
Wie teilt ihr euch die Care-Arbeit und den Haushalt auf?
Hannah: Im Moment ist es so, dass Ibrahim in Vollzeit arbeitet und ich die meiste Zeit bei den Kindern bin. Unsere Kinder sind aktuell noch zu Hause, gehen aber im Herbst in die Kita. Anfang nächsten Jahres wollen wir dann die Rollen tauschen. Ibrahim nimmt Elternzeit und ich möchte wieder voll arbeiten. Ich arbeite unheimlich gern und nehme sehr viel Energie daraus. Da Ibrahim schon immer ein fürsorglicher Papa ist, mache ich mir darüber auch keine Gedanken. Er macht es auf seine Art perfekt.
Es ist unser Traum, ein familienfreundliches Unternehmen zu gründen und gesund wachsen zu lassen. Ich werde dann erstmal von zu Hause aus arbeiten, so kann ich zwischendurch auch schnell mal Milch abpumpen. Wir werden uns da schon eine gemeinsame Struktur entwickeln und ich kann mir sehr gut vorstellen, das mit Ibrahim zusammen zu machen.
Möchtet ihr ein bisschen mehr von eurer Idee verraten?
Hannah: Anfang nächstes Jahr wollen wir ein eigenes, wertebasiertes und menschenfreundliches Unternehmen gründen. Seit der Geburt von Nala feilen wir am ersten Produkt. Wir wollen langlebige, nachhaltige und hochwertige Produkte entwickeln. Das erste Produkt ist ganz nah an unserem Leben – ein Familienrucksack. Er soll moderne Eltern im Alltag unterstützen, so dass sie auch schnell zwischen ihren Rollen wechseln können. Es ist ein Rucksack, der sowohl ein Alltags- und Wickel- als auch Business Rucksack sein kann.
Das klingt spannend. Ibrahim, wie stellst du dir die Elternzeit vor? Hast du auch noch was geplant?
Ibrahim: Ja, ich möchte nebenbei noch zu Ende studieren und im Anschluss auch noch ein Pädagogik-Studium absolvieren. Mein Traum ist es nämlich auch noch, Gesamtschullehrer zu werden. Ich habe zwei jüngere Brüder, die ich mit großgezogen habe und ich möchte gern wichtige Werte weitergeben.
Und was ist euch bei der Erziehung eurer Kinder wichtig?
Hannah: Unsere Kinder sollen sich so entfalten, wie es ihnen entspricht. Wir lassen sie machen, glauben fest an sie, ermutigen und stärken sie in allem und es ist uns auch wichtig, dass sie ganz bewusst ihre eigenen Erfahrungen machen. Sie sollen ihren Weg finden und glücklich werden.
Wie seid ihr als Paar durch die Corona-Zeit gekommen?
Hannah: Sie hat uns auf jeden Fall zusammengeschweißt. Ibrahim kann auch unabhängig von Corona im Homeoffice arbeiten und es war eine unheimlich intensive Zeit. Aber wahrscheinlich werden wir nie wieder unsere Tage so frei gestalten können. Uns ist aber auch aufgefallen, dass wir uns die Zeit fürs Paarsein aktiv nehmen müssen. Denn es ist so wichtig, dass wir weiter in Verbindung bleiben und uns über unsere Wünsche und Bedürfnisse austauschen. Sonst wird jeder zum Einzelkämpfer.
Und wann hat jeder mal Zeit für sich?
Ibrahim: Am Wochenende. Da wechseln wir uns ab und jeder hat mal eine längere Auszeit.
Ibrahim, wie oft hattest du schon mit Rassismus zu tun?
Ibrahim: Schon öfter, auch in Potsdam. Ich würde zum Beispiel mal super gern mit einem Camper einen Urlaub an der Mecklenburgischen Seenplatte machen. Es ist aber einfach zu risikoreich, wenn die Kinder dabei sind. Ich will nicht, dass meine Kinder in solchen Situationen dabei sind. Wir lassen uns davon aber nicht unterkriegen.
Kann man seine Kinder darauf vorbereiten, dass sie vielleicht einmal mit Rassismus konfrontiert werden?
Ibrahim: Es ist echt ein Drahtseilakt. Die Kinder sind unvoreingenommen und man will sie eigentlich nicht mit Dingen von außen belasten. Ich weiß, dass sie irgendwann auch gefragt werden, wo sie herkommen, obwohl sie natürlich in Deutschland geboren wurden. Sie werden dadurch das Gefühl bekommen, sich immer wieder erklären zu müssen. Und egal wie gut das Deutsch ist, man wird trotzdem immer wieder gefragt. Irgendwann nervt es.
Wir haben tolle Kinderbücher zur interkulturellen Vielfalt und es wäre toll, wenn alle Familien diese Kinderbücher lesen würden.
Demnächst zieht ihr aus Potsdam noch weiter raus. Eure zukünftige Wohnung befindet sich direkt an einem Feld. Warum habt ihr euch für das Landleben entschieden?
Hannah: Mir gibt es so viel Ruhe und Frieden und wir können uns darauf fokussieren, was uns im Leben wirklich wichtig ist. Wir genießen es total, von außen noch weniger Beeinflussung zu haben und dass wir uns ganz bewusst überlegen können, wann wir den Trubel in der Stadt mal wieder brauchen. Wir haben auch festgestellt, dass uns unsere Freunde und Familie unheimlich gern besuchen kommen, egal wo wir wohnen. Auf dem Land können wir dann einfach noch ein bisschen mehr freie, gemeinsame Zeit verbringen.
Liebe Hannah, lieber Ibrahim, vielen Dank für das Interview und alles Liebe euch 5!
Diese Kinderbücher empfehlen euch Hannah und Ibrahim:
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