Yeah, weiter geht es mit unserer Reihe #elternstriptease. Diesmal macht sich die wunderbare Sandra von simply.h.e.r für uns nackig und beantwortet Fragen rund ums Elternsein. Die 31-jährige Sozialarbeiterin lebt gemeinsam mit ihrem Partner und ihren Töchtern Amma (6) und Akosua (2) in Hamburg (Amma und Aksoua sind ihre traditionellen ghan. Akan Namen, nicht die eingetragenen). Sandras Familie vereint die ghanaische und die russische Kultur und sie versucht, ihren Kindern aus beiden Kulturen etwas mitzugeben. Welche Sprüche von anderen Eltern gar nicht gehen und was sie ihren Töchtern unbedingt mit auf den Weg geben möchte, lest ihr jetzt.
Liebe Sandra, hast du dir schon immer Kinder gewünscht?
Ja! 🙂 Ich habe mich schon immer mit Kindern gesehen. Mit mehreren Kindern sogar. Ich habe vier Geschwister und habe mir immer vorgestellt, selbst auch mal solch ein volles, buntes Haus zu haben.
Und hast du dir das Mamsein genauso vorgestellt?
Haha, überhaupt nicht! So in dieser individuellen Gesamtheit mit all den Facetten, hätte ich mir Mutterschaft auch wohl nicht vorstellen können, denn meine Vorstellung beruhten auf das einseitige, gesellschaftlich geschaffene Bild der Mutter. Zum Glück gibt es heutzutage immer mehr mütterliche Stimmen, die diesem Bild Leben und so viel mehr, verleihen …
Was möchtest du deinen Mädchen unbedingt mit auf den Weg geben?
Danke für diese schöne Frage. Ich möchte ihnen mitgeben, dass sie einfach sein dürfen, wer sie sind und sie genau deshalb richtig, wertvoll, besonders, bereichernd, liebenswert und zugehörig sind. Das sie auf das, was in ihnen ist, hören und acht geben sollen. Meine Blumen, so nenne ich sie, werden in dieser Gesellschaft nicht als Weiß und deswegen oft als nicht zugehörig gelesen. Aus diesem Grund bedeutet das oben Genannte für mich viel mehr als sie “nur” in ihrer Selbst zu stärken. Sondern eben auch, sie zu schützen und fähig zu machen, sich immer wieder erden zu können, wenn Stimmen anderer ihre Wurzeln und Identität aushebeln, sie ausbremsen und klein halten. Strukturell benachteiligen und weniger anerkennen, sie verletzen und das auf mehreren Ebenen, da sie z. B. zudem auch Mädchen sind. Das ist leider Teil von Black Motherhood.
Haben dich deine Kinder verändert? Siehst du manche Dinge jetzt anders?
Ja und nein. 🙂 Denn irgendwie bin ich die, die ich schon immer war. Die, die schon immer in mir war, aber ich bin auch mehr, als ich jemals gedachte habe sein zu können. 🙂 Ich habe durch meine Mutterschaft (natürlich) einige Erkenntnisse gemacht, vieles gelernt, vor allem auch über mich. Aber es hat sich auch vieles, dass schon vor der Mutterschaft da war, in mir, gefestigt, gestärkt und wurde herausgekitzelt. Sei es die Art und Weise, wie ich meinen Töchtern begegne, wie ich Dinge an sie weitergebe, etwas handhabe und wovon ich überzeugt bin. All das gab es schon vor dem Muttersein auf eine andere Art und jetzt hat es seinen Platz. Aber ja, es gibt auch Dinge, die ich heute anders sehe, denke und fühle und auch anders mache, als damals. Und ich denke, auch dies wird sich nochmal ändern. Denn die Kinder wachsen und verändern sich und so auch unsere Mutterschaft.
Was nervt dich manchmal an anderen Müttern/Eltern?
Oh man, gute Frage! Da gibt es bestimmt so ein paar Sachen. Aber ich glaube, man kann es gut unter dem Begriff „Mom bashing” zusammenfassen. Die Nicht-Akzeptanz von anderen Mutterschaften nervt mich sehr, denn so behalten wir all das bei, wogegen viele Stimmen laut werden, wie zum Beispiel, dass Mütter sich nicht nur mit der Mutterschaft und der Care Arbeit erfüllt fühlen müssen, sondern eben auch mehr sein können und es vor allem dürfen. Dass sie Dinge eben anders machen. Die Seitenhiebe die manche Mütter/Eltern untereinander und gegeneinander verteilen, machen es am Ende allen schwer, denn es führt zu einem Kreislauf und bringt nichts und erst recht, keine zufriedene Mutterschaft/ Elternschaft.
Wie schaffst du es, dir Auszeiten zu nehmen?
Ich nehme sie mir :). Das ist eines der Dinge, die ich gelernt und für mich erkannt habe. Ich nehme mir Auszeiten, auch an Tagen an denen die To-do Liste endlos scheint und die Zeit zu wenig. Ich lasse Aufgaben auch mal liegen und Dinge auch mal sein. Zwischen zwei vollen Wäscheständern, einer sauberen Geschirrspülmaschine, die darauf wartet, ausgeräumt zu werden und ein bisschen Unordnung, setze ich mich mal hin, wenn ich mich danach fühle und vor allem, wenn ich es brauche. Das Aushalten, dass ich nicht immer alles von der To-do Liste schaffe und das es nun dann auch mal so aussieht, wie auch die Nachsicht mit mir selbst, dass ich das auch alles nicht in dieser Zeit schaffen muss und schon gar nicht immer so kann, ist etwas das habe ich in meiner Mutterschaft gelernt. Nicht immer klappt eine geplante Me Time, aber diese Lücken im Alltag, können manchmal ganz wertvoll sein.
Was ist das Schönste am Kinderhaben?
Das Gefühl, das sich erst im Bauch und dann im Herzen bemerkbar macht, wenn sie glücklich sind. Egal weswegen. Sei es über eine Albernheit (die auch oftmals von mir kommt), über neu Erlerntes oder über etwas für uns Banales, das jedoch für sie mind blowing ist. Aber auch die innigen Momente, in denen sie uns vergessen lassen, woran wir selbst zweifeln und was wir scheinbar nicht gut können oder machen, indem sie uns einfach so umarmen, uns auf ihre Weise mitteilen, dass sie uns sehen … auch diese Momente gehören für mich zu den Schönsten am Kinderhaben!
Und das Schwierigste?
Das für mich Schwierigste sind die Entscheidungen, die wir für diese kleinen Menschen treffen müssen, ohne sich selbst immer sicher zu sein und das “richtig” oder “falsch” zu kennen und dabei immer in ihrem Sinne zu handeln, wenn auch nicht immer direkt, aber immer mit Blick darauf. Außerdem ist Erziehung grundsätzlich eine Herausforderung. Persönlich und gesellschaftlich.
Welchen Rat würdest du frisch gebackenen Eltern geben?
Vertraut auf das was in euch ist und darauf, dass euer Kind und ihr zusammen wachsen werdet. Vertraut auf euer Kind. Elternschaft ist eine Herausforderung und Bereicherung gleichermaßen und nichts, was von Anfang an funktioniert ohne “Wenn und Aber’s” und “Ohje” und “Keine Ahnung”. Irgendwann kommen “Hurras” und Applaus und das Expert*innenwissen für eure Elternschaft. Ihr als einzelne, ganze Person seid wichtig und richtig für diese Rolle. Elternschaft ist eine individuelle Reise mit Sonnenschein und Regenbogen und bunten Herbstblättern. Aber auf dieser Reise gibt es auch und das wird häufig nicht erzählt Stürme, Tornados und Überschwemmungen. Aber diese Enden, auch wenn es sich nicht danach anfühlt. Dann gibt es etwas, was nicht so richtig in Worte gefasst werden kann. Das wäre dann dieser Zauber. 🙂
Liebe Sandra, vielen Dank für deine Offenheit und alles Liebe euch 4!