Elternrat: HILFE, mein Kind ist in der Trotzphase!

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Unser heutiger Elternrat von Elterncoachin Alexandra Fresenborg dreht sich um das Thema Trotzphase, wir haben dazu folgende Frage erhalten:

“Es ist nicht auszuhalten, meine Tochter (2 1/2) wirft sich plötzlich ohne ersichtlichen Grund auf den Boden, schreit, tobt und schlägt wie wild um sich. Jeder Versuch, sie zu beruhigen, bringt sie noch weiter in einen Wutanfall. Was ist nur los?”

Das rät euch unsere Elterncoachin:

Dieses Verhalten der Kinder schockiert viele Eltern, weil es auf einmal, ohne Vorwarnung und ganz plötzlich auftritt. War das Kinder vorher noch kooperativ, geht es ab sofort in den aktiven Widerstand. Alle Eltern ahnen, dass jetzt neue Anforderungen an sie gestellt werden. Mit etwa eineinhalb bis ins dritte, seltener bis ins vierte Lebensjahr wird bei den Kindern das Trotzverhalten beobachtet. Diese Zeit ist herausfordernd für Eltern und Kinder. Deshalb ist es wichtig, genauer hinzuschauen.

Trotzphase? Autonomiephase!

Die sogenannte “Trotzphase” gehört zur Entwicklung eines gesunden Menschen dazu (in der Pubertät wird eine zweite und sehr viel schwierigere Trotzphase durchlebt). Tatsächlich muss man diese Phasen eigentlich als “Autonomiephasen” bezeichnen, da nicht der Widerstand und Trotz das Wesentliche dieser Entwicklungsphase ist, sondern die stückweise Ablösung von den Eltern und das Selbstständig werden des Kindes im Vordergrund steht.

Ausgangspunkt sind mehrere vorausgegangene Entwicklungsschritte. Angefangen von der Verfeinerung von motorischen Abläufen, Sprachverständnis bzw. Sprachpraxis und zuletzt ist es die Suche nach der eigenen Identität und Wirksamkeit des Kindes auf seine Umwelt. Dies alles führt dazu, dass sich das Kind verselbständigt und eigenständig sein möchte.

Bei manchen Kindern verläuft die Trotzphase völlig unspektakulär ab, d.h. es ist eine Art stummer Trotz. Das zeigt sich, wenn ein Kind sich z.B. zurückzieht und kaum noch sprechen oder essen mag. Am häufigsten äußert sich Trotz jedoch in den für diese Phase typischen Wutausbrüchen. Die Heftigkeit der Wutausbrüche hängt vom jeweiligen Charakter des Kindes ab.

Ein Kind in diesem Lebensabschnitt möchte die Welt erobern und in Besitz nehmen und „seinen eigenen Weg” gehen – ganz, grenzen- und kompromisslos. Dabei stößt es unweigerlich und immer wieder an „natürliche” Grenzen. Diese Begrenzungen und Einschränkungen des eigenen Weges führen das Kind in eine tiefe Verzweiflung, da sein Wille nicht mit dem der Eltern oder mit den eigenen Vorstellungen und den eigenen Fähigkeiten und der Umwelt übereinstimmt. Die Welt scheint für das Kind auseinanderzudriften und alle bislang gewohnten Ordnungen lösen sich auf. Ein inneres Chaos von Gefühlen stellt sich ein, dem sich das Kind nicht entziehen kann und auch keine Lösungsideen zur Verfügung hat. Dementsprechend “chaotisch” sind in solchen Ausnahmesituationen die Reaktionen bzw. das Verhalten des Kindes.

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Grundsätzlich beinhaltet die Trotzphase oder Autonomiephase zwei wichtige Bereiche der Entwicklungspsychologie in der frühen Kindheit:

1. Grundbedürfnisse von Bindung, Kompetenzerwerb und Autonomie
2. Fähigkeiten zur Emotionsregulation beim Kind.

Dies sind die grundlegenden Bereiche auf die sich die Eltern in dieser Zeit konzentrieren sollten.

Hilfestellung durch die Eltern in der „Trotzphase“:

1. Bindung

Das Grundbedürfnis nach BINDUNG steht für das Bedürfnis, eine zwischenmenschliche Beziehung sicher einzugehen, um sich sicher gebunden zu fühlen und sich als liebeswert zu erleben. Kinder möchten erfahren, ob wir Eltern sie in diesen schwierigen Situationen trotzdem annehmen/lieben können. „Kannst Du mich so aushalten, wie ich bin?“

Es entsteht eine Verwirrung von „geh weg“ (selbstständig werden) und „komm her“ (Hilf mir). Diesen Zwiespalt fühlen auch die Eltern und reagieren entsprechend. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern ruhig und gelassen bleiben, feinfühlig auf die Bedürfnisse eingehen und sich dabei auch abgrenzen können. Schaffen sie das, dann bildet sich eine sichere Bindungsbeziehung zwischen Eltern und Kindern heraus, die Sicherheit schafft.

2. Kompetenz

Dem Grundbedürfnis nach Kompetenz liegt der Wunsch nach einer eigenen aktiven Gestaltung mit der Umwelt zugrunde. Das Kind merkt, dass es Einfluss auf seine Umwelt und auf sich selbst nehmen kann. Deshalb ist es jetzt wichtig, dass Kinder im Alltag entsprechend eingebunden werden, um dadurch Erfolg und begleitete Misserfolge zu erleben. Die Aufgaben und die Umgebung sollten so gestaltet werden, dass die Kinder eine eigene Herausforderung erleben. Daraus entsteht eine Selbstwirksamkeit im Sinne: „Mama, Mama ich habe es geschafft und zwar alleine!!!“ Beim Scheitern müssen die Eltern einfühlsam begleiten. In dieser Zeit sollte keine Langeweile für die Kinder entstehen, sondern ein immerwährendes Tun.

3. Autonomie

Bei der Autonomie steht für das Kind das Grundbedürfnis nach freier Bestimmung des eigenen Handels und die Bestimmung der Interaktion bzw. Auseinandersetzung mit der Umwelt im Vordergrund. Dabei ist es wichtig, dass die Eltern in ihrer Erzieherrolle bleiben. Ist Ihnen z.B. eine gesunde Ernährung (Erziehungsziel) wichtig, bieten Sie verschiedene gesunde Nahrungsmittel an. Ihr Kind entscheidet dann selbst, ob es lieber Brokkoli, Möhre oder Kohlrabi essen möchte (Selbstbestimmung).

Werden die Grundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenz und Autonomie von den Eltern und der Umwelt angemessen befriedigt, zeigen Kinder ein flexibles und interessiertes Engagement in Beziehungen, an ihrer Umwelt, aber auch in anderen Aktivitäten, die förderlich für eine weitere Entwicklung sind.

4. Hilfe bei der Emotionsregulation

Die Fähigkeit, vor allem negative Gefühle wie Ärger, Traurigkeit oder Angst zu regulieren, ist nicht angeboren, sondern wird erst im Kontext der Beziehungserfahrungen mit nahestehenden Menschen erlernt. Je kleiner ein Kind ist, desto stärker ist es darauf angewiesen, dass seine Gefühle extern, also durch seine Bezugspersonen reguliert werden. Ein Kind ist darauf angewiesen, dass es bei Kummer Trost erfährt und bei Ärger Hilfe, sich zu beruhigen. Ein Kind braucht bei Angst Ermutigung und Sicherheit.

Gelingt es den Eltern, ihr Kind liebevoll und einfühlsam bei der Bewältigung seiner negativen Gefühle zu unterstützen, so wird das Kind nach und nach lernen, seine Gefühle selbst regulieren zu können. Das gelingt, weil es in der emotionalen Geborgenheit der Beziehung zu seinen Eltern erlernen konnte, seine Gefühle wahrzunehmen, ihre Ursache zu erkennen und wirksame Strategien des Umgangs damit zu erlernen.

In der Trotzphase oder Autonomiephase lernt ein Kind, dass es nicht unbegrenzte Fähigkeiten besitzt, dass die Umwelt anders reagieren kann, als es die eigene Vorstellung vorgibt und dass Menschen im näherem Umfeld andere Gefühle haben, als die eigen erlebten Gefühle. Es lernt, Kompromisse einzugehen, dass Rücksicht nehmen unverzichtbar ist und Verzicht möglich ist. Das Wichtigste aber ist, dass sich das Kind trotz Meinungsverschiedenheiten von seinen Eltern geliebt fühlt.

Wir hoffen, dieser Rat zum Thema Trennung der Eltern war hilfreich für euch! Hier findet ihr weitere Fragen und Elternrat-Themen rund um das Leben mit Kindern:

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