Unser heutiger Elternrat von Elterncoachin Alexandra Fresenborg dreht sich um folgende Frage:
“Mein Kind hat immer wieder Phasen, in denen es mich extrem bevorzugt und den Papa regelrecht wegschiebt. Der Papa tut sich damit schwer und auch mir fällt es oft schwer, damit umzugehen.”
Das rät euch unsere Elterncoachin:
Kommt ein Kind auf die Welt, wird sofort das Bindungssystem aktiviert. Das ist notwendig, weil das Kind damit erstmal das eigene Überleben sichert. Danach wird alles unternommen, um dieses Bindungssystem auch weiterhin zu festigen. Die Mütter sind in den meisten Fällen die erste Bezugsperson und hier gilt es, aus der Sicht des Kindes, die Bindung zu festigen. Immer und immer wieder!! Das heißt, wenn Sie in der Nähe sind, wendet sich das Kind bevorzugt an Sie, da Sie nun mal die vertrauteste Bezugsperson sind. Dieses Verhalten des Kindes ist mitunter schwer zu ertragen, weil die erste Bezugsperson (z.B. Mutter) zeitweise gerne die Verantwortung an den Partner abgeben möchte und im Gegenzug das andere Elternteil (z.B. Vater) diese Verantwortung auch annehmen möchte.
Auf diese Ablehnung des Kindes mit Gefühlen wie Eifersucht oder Betroffenheit zu reagieren, ist normal. Verstecken muss man seine verletzten Gefühle nicht. Authentisch sein, heißt zu kommunizieren, dass es einen persönlich getroffen hat, was das Kind gerade getan oder gesagt hat. Erst mit fortschreitender Gehirnentwicklung kann ein Kind differenzieren und auch noch weitere Bezugspersonen zulassen. Auch da muss sich, aus der Sicht des Kindes, diese Person erstmal beweisen, d.h. auch diese Person sollte verlässliche und positive Beziehungserfahrungen anbieten. Danach kann es passieren, dass sich alles wieder wendet und der Vater die Hauptbindungsperson wird und die Mutter in die zweite Reihe zurücktritt.
Ob ein Kind in den ersten Lebensjahren den Vater einige Zeit intensiv ablehnt, hängt jedoch auch mit anderen Faktoren zusammen:
Der Charakter und Temperament des Kindes: Jedes Kind kommt mit Stärken und Vorlieben auf die Welt. Diesen Charakter bringen die Kinder mit und er ist nicht beeinflussbar. Im oben genannten Fall ist ausschlaggebend, wie sehr sich das Kind auf die Mutter konzentriert und wie „großzügig“ es weitere Personen zulässt. Charakter ist, worauf das Kind seine Vorlieben richtet, und Temperament ist, wie emotional es diese Vorlieben durchsetzt.
Die Situation des Vaters: Wie viel Zeit kann der Vater mit dem Kind verbringen? Wie stark engagiert er sich in seiner Vaterrolle? Und besonders wichtig: Wie einfühlsam kann er auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen? Bauen sie gemeinsam immer wieder die Brücke und betonen gleichzeitig immer wieder die Verbundenheit zum jeweiligen anderen Elternteil. Je mehr Zeit der Vater mit dem Kind verbringen kann, desto besser ist es für die Beziehung und Annahme zum Kind.
Der Wunsch des Kindes nach Selbstwirksamkeit: Kinder wollen etwas in ihrem Leben bewirken und Einfluss nehmen und sich mit ihrem Willen durchsetzen. Für uns Erwachsene bedeutet das eine schwere Gradwanderung zwischen Zulassen und Grenzen setzen. Beides ist wichtig und muss von Fall zu Fall vom Erwachsenen entschieden werden. Hier können Sie das Kind z.B. zur Wahl stellen, dass es sich vom anderen Elternteil helfen lassen oder es selbst machen kann, weil sie als Hauptbindungsperson gerade nicht zur Verfügung stehen.
Damit kein unerfreulicher Machtkampf zwischen Eltern und Kind entsteht, lohnt es sich, wenn die Eltern die Situation gemeinsam anschauen und sich überlegen, welche Aufgabenverteilung wichtig ist, um den Alltag gut und stressfrei zu gestalten und wie sich über die Zeit gesehen das Vertrauen zum Kind gefestigt und aufgebaut werden kann. Wichtig ist dabei, sich immer wieder zu fragen: Was braucht das Kind von uns, um sich wohlzufühlen?
Foto: Emma Bauso / pexels
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