Was Alleinerziehende zum Thema Steuern wissen sollten

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Kürzlich stellte eine Bekannte in einer Chat-Gruppe für Alleinerziehende folgende Frage zum Thema Steuern: „Ich bin alleinerziehend, habe einen neuen Partner, wohne mit diesem aber nicht zusammen. Bin ich steuerrechtlich noch alleinerziehend?“ Auch umgekehrt ergeben sich viele Fragen, wenn ihr frisch alleinerziehend seid – nicht nur, was eure Einnahmen und Ausgaben angeht, sondern, spätestens bei der nächsten Steuererklärung, auch in Bezug auf eure Angaben an das Finanzamt.

Hier haben wir das Wichtigste zum Thema alleinerziehend und Steuern für euch auf einen Blick – mit super Tipps auch von einer Steuerberaterin!

Steuertipps für Alleinerziehende

Steuerklasse II für Alleinerziehende – Was bedeutet das?

Für Alleinerziehende gibt es eine extra Steuerklasse, die Steuerklasse 2. Sie führt zu einem höheren Steuerfreibetrag (im Jahr 2023 4.260 Euro plus 240 Euro je weiterem Kind.) und damit zu weniger hohen monatlichen Abgaben bei der Lohnsteuer. Damit steht ihr bei der Gehaltsabrechnung am Ende des Monats etwas besser da als Singles ohne Kinder mit Steuerklasse I, allerdings noch immer schlechter als zum Beispiel verheiratete Paare mit oder ohne Kinder, die vom Ehegattensplitting profitieren können. Zu diesem Thema findet ihr weiter unten noch einen Tipp!

Klingt kompliziert? Hier Schritt für Schritt das Wichtigste zum Thema Steuerklasse 2 auf einen Blick.

Wie beantrage ich Steuerklasse 2?

Gute Nachricht: Um als Alleinerziehende von eurer alten Steuerklasse in Steuerklasse 2 zu wechseln, reicht ein formloser Antrag mit Unterschrift an das für euren Wohnort zuständige Finanzamt. Hierfür findet ihr auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen das Formular „Antrag auf Lohnsteuerermäßigung“. Ihr könnt den Antrag auf Wechsel in Steuerklasse 2 auch bei eurer nächsten Steuererklärung stellen, rückwirkend ab dem Monat, ab dem entweder ihr oder euer/eure Ex-Partner:in aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sind oder ab Geburt eures Kindes, wenn ihr bereits zu diesem Zeitpunkt alleinerziehend wart.

Wer darf Steuerklasse 2 beantragen?

Der Gesetzgeber gibt auf diese Frage eine klare Antwort: Wer die Steuerklasse 2 für Alleinerziehende beantragen und damit steuerlich eine Besserstellung gegenüber kinderlosen Singles erhalten möchte, muss mit seinem Kind in einer Wohnung leben und für dieses Anspruch auf den Kinderfreibetrag oder Kindergeld haben. Zudem darf keine Person über 18 mit in der Wohnung leben (Ausnahme: Kinder über 18 in Studium oder Berufsausbildung, für die noch Anspruch auf Bezug des Kindergeldes besteht).

Konkret führt das zu folgenden, durchaus paradoxen, Situationen: Lebe ich als Alleinerziehende mit meinem noch minderjährigen Kind in einer Wohnung und zugleich in einer neuen Partnerschaft, mein Partner lebt aber (noch) nicht bei uns, erhalte ich bei Abgabe meiner Steuererklärung weiterhin den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Teile ich mir die Wohnung jedoch mit einer alleinerziehenden Freundin und ihrem Kind oder mit einer weiteren Person über 18, die fähig ist, sich an den Kosten für die Haushaltsführung zu beteiligen, gelte ich steuerlich nicht mehr als alleinerziehend und habe damit auch nicht mehr Anspruch auf den Freibetrag. Das gilt auch, wenn diese weitere Person zum Beispiel die eigene Mutter oder ein eigenes Kind ist, welches die Ausbildung beendet hat, schon Geld verdient, aber mangels eigener Wohnung zunächst noch bei euch wohnt.

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TIPP: Widerspruch gegen die Umgruppierung in Steuerklasse 1

Im Einzelfall kann es Sinn machen, Widerspruch in die Umgruppierung in Steuerklasse 1 zu erheben, wenn klar feststeht, dass keine gemeinsame Haushaltsführung besteht. Ob dem Widerspruch stattgegeben wird, entscheidet das zuständige Finanzamt. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann beim Finanzgericht geklagt werden. Wichtig ist, die Vermutung des gemeinsamen Wirtschaftens zu widerlegen (zum Beispiel bei Untervermietung mit eigenem Kühlschrank etc.).

Im Wechselmodell, bei dem das Kind zu gleichen Teilen mal beim einen, mal beim anderen Elternteil wohnt, kann nur einer der Elternteile den Antrag auf Steuerklasse 2 stellen und damit dem Entlastungsbetrag geltend machen. Treffen die Eltern keine anderweitige Regelung, erhält derjenige, der das Kindergeld erhält, auch den Freibetrag. Empfehlenswert ist, darauf zu achten, dass der- oder diejenige mit der höheren steuerlichen Auswirkung den Entlastungsbetrag bekommt und zugleich untereinander einen Ausgleich zu vereinbaren.

TIPP: Mustereinspruch gegen den Steuerbescheid

Da Alleinerziehende steuerlich schlechter gestellt sind als verheiratete Alleinverdiener-Ehepaare mit oder ohne Kinder, könnt ihr gegen euren Steuerbescheid Einspruch einlegen und auf anhängige Musterverfahren verweisen. Der Verein Fair für Kinder bietet dazu auf der Startseite seiner Website einen Vordruck in Postkartenform. Dieser Einspruch kostet euch nichts und ihr braucht auch kein eigenes Gerichtsverfahren zu führen.

Wichtig zu wissen: Die Verfahren sind bisher nicht entschieden. Damit ändert sich in Bezug auf euren Steuerbescheid mit dem Einspruch erst einmal nichts. Sollten die Verfahren jedoch zugunsten Alleinerziehender ausfallen, erhaltet ihr aufgrund eures Einspruchs rückwirkend die Entlastung für jedes Jahr, in dem ihr Einspruch eingelegt habt. (Vielen Dank für diesen Tipp an Steuerberaterin Reina Becker, die sich seit Jahren für die bessere Berücksichtigung von Kindern im Steuerrecht einsetzt.)

Weitere steuerliche Tipps für Alleinerziehende

Neben dem Steuerfreibetrag könnt ihr bei Abgabe eurer Steuererklärung weitere Freibeträge geltend machen. Das sind:

Kinderfreibetrag und Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildungsbedarf

Wenn ihr alleinerziehend oder nicht mit dem anderen Elternteil verheiratet seid, stehen euch normalerweise der hälftige Kinderfreibetrag (aktuell 3.012 Euro) und der hälftige Freibetrag für die Betreuung, Erziehung oder den Ausbildungsbedarf in Höhe von 1.464 Euro zu. Lebt der andere Elternteil im Ausland und ist damit beschränkt einkommenssteuerpflichtig, ist verstorben oder zahlt keinen oder weniger als 75% des vorgeschriebenen Unterhaltes, könnt ihr den vollen Kinderfreibetrag geltend machen.

Darüber hinaus bietet das aktuelle Steuerrecht weitere Entlastungsmöglichkeiten für Familien, von denen ihr auch als Alleinerziehende profitieren könnt:

Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben

Lasst ihr euer Kind betreuen und entstehen euch dadurch Kosten, könnt ihr zwei Drittel dieser Kosten als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigen lassen – maximal 4.000 Euro pro Kind pro Jahr. Diese Regelung gilt allerdings bis maximal zum 14. Geburtstag eures Kindes, außer, es hat eine Behinderung, die bereits vor dem 25. Lebensjahr aufgetreten ist, dann gibt es keine Altersgrenze. Es kommt auch nicht darauf an, ob euer Kind in einer Kindertagesstätte oder durch eine Tagesmutter betreut wird. Auch wenn ihr das Kind bei euch zu Hause durch eine Tagesmutter oder ein Au-Pair betreuen lasst, könnt ihr die Kosten als Sonderausgaben bei der Steuererklärung angeben. Wichtig sind dafür entsprechende Nachweise durch Rechnungen oder Kontoauszüge.

Freiwillige Leistungen deines Arbeitgebers

Zahlt euch euer Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitslohn freiwillige Leistungen für die Unterbringung und Betreuung eures Kindes, sind diese unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls steuerfrei. Details findet ihr auf der Seite des Bundesfamilienministeriums.

Schulgeld als Sonderausgaben

Zahlt ihr für euer Kind Schulgeld, könnt ihr davon 30 % als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer absetzen (maximal 5.000 Euro), wenn ihr für das Kind Kindergeld oder die Freibeträge für Kinder erhaltet und die Schule in freier Trägerschaft ist oder überwiegend privat finanziert wird. Wichtig: Kosten für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung, also zum Beispiel für eine Ganztagesbetreuung, gehören nicht zum Schulgeld.

Freibetrag für die Pflege von Angehörigen

Pflegt ihr pflegebedürftige Angehörige persönlich in eurem Haushalt oder im Haushalt der pflegebedürftigen Person, könnt ihr einen Pflege-Pauschbetrag bei der Einkommensteuer geltend machen. Der Pflege-Pauschbetrag mindert euer zu versteuerndes Einkommen. Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem Pflegegrad.

Ausgaben für Handwerker oder eine Haushaltshilfe

Beschäftigt ihr zu Hause eine Haushaltshilfe oder eine Handwerker:in, könnt ihr die Ausgaben dafür unter dem Punkt „Sonderausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen“ angeben. So werden sie in der Einkommensteuererklärung berücksichtigt. Bis zu welcher Höhe ihr die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen absetzen könnt und welche Nachweise ihr für das Finanzamt braucht, ist abhängig von der Art des Beschäftigungsverhältnisses und der Dienstleistung. Mehr Informationen erhaltet ihr ebenfalls auf der Seite des Bundesfamilienministeriums.

Studium, Aus- und Fortbildungskosten

Auch bis zu 6.000 Euro der Kosten für eine eigene erstmalige Berufsausbildung könnt ihr jährlich als Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Wenn ihr eine Fortbildung oder Weiterbildung nach abgeschlossener Erstausbildung macht, könnt ihr die dadurch entstehenden Kosten in der Regel sogar komplett als Werbungskosten absetzen. Voraussetzung ist, dass niemand anderes (zum Beispiel der Arbeitgeber) die Kosten übernimmt.

Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben

Auch Unterhalt, den ihr euren Kindern, dem/der Expartner:in oder anderen Familienangehörigen zahlt, könnt ihr unter bestimmten Voraussetzungen von der Einkommensteuer absetzen. Dabei spielt es eine Rolle, wem ihr Unterhalt zahlt und ob ihr freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt leistet. Die genauen Regelungen findet ihr erneut im Familienportal des Bundesfamilienministeriums (siehe Link am Ende des Beitrags).

Steuern als Alleinerziehende:r – mit etwas Know-how bares Geld sparen!

Wie ihr seht, habt ihr als Alleinerziehende oder Alleinerziehender je nach Lebenssituation einige Möglichkeiten, Steuerfreibeträge zu erhalten oder Ausgaben, die ihr über das Jahr hattet, steuerlich geltend zu machen. Die Einkommenssteuererklärung abzugeben lohnt sich also. Beratung und Hilfe findet unter anderem in einem Lohnsteuerhilfeverein (sicher auch in eurer Nähe), weiterführende Informationen bietet der VAMV e.V. [], unter anderem in der Broschüre „alleinerziehend“; die Stiftung Warentest und wie schon erwähnt das Familienportal des Bundesfamilienministeriums.

Sich schlau machen lohnt sich, denn jeder Euro der Steuern, den wir als Alleinerziehende anders nutzen können, ist ein Geschenk!

Du bist alleinerziehend?

Noch mehr Tipps für deinen Alltag findest du in unserer passenden Rubrik „Alleinerziehend„, z.B.:

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