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Vor einiger Zeit haben wir euch bereits die Möglichkeit der Kindertagespflege als Alternative zur Kita beim Thema Kinderbetreuung vorgestellt und festgestellt, dass das Interesse am Thema sehr groß ist. Aus diesem Grund haben wir uns nun mit Linda Gorgas (links im Bild) und Nicole Niehoff getroffen, die diesen Bereich bei der Landeshauptstadt Potsdam betreuen. In unserem Interview erfahrt ihr, wie sie die Qualität in der Kindertagespflege sicherstellen und wie ihr selbst Kindertagespflegeperson werden könnt!
Liebe Frau Niehoff, liebe Frau Gorgas, wie lange arbeiten Sie in der Fachberatung/Fachaufsicht der Kindertagespflege in Potsdam und waren Ihre Kinder selbst auch bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater?
Nicole Niehoff: Meine Kinder sind heute fast 8 und 12 und ich arbeite seit zwei Jahren hier – tatsächlich habe ich die Möglichkeit der Kindertagespflege aus Unwissenheit nicht genutzt. Aus heutiger Sicht finde ich es schade, daher ist es mir besonders wichtig, dass alle Potsdamer Eltern von diesem Betreuungsangebot erfahren.
Linda Gorgas: Ich bin seit 2015 hier und habe eine 9-jährige Tochter, die in der Kita war. Wenn ich nochmal ein kleines Kind hätte, würde ich es sehr gern in Kindertagespflege betreuen lassen!
Wie viele Kindertagespflegepersonen gibt es aktuell in Potsdam?
Nicole Niehoff: Das sind 66 Kindertagespflegepersonen, darunter 5 Tagesväter. Wir sind sehr stolz auf die tolle Qualität in der Potsdamer Kindertagespflege.
Die Betreuung ist individuell und bedürfnisorientiert.
Was ist das Besondere an dieser Art der Kindertagesbetreuung?
Nicole Niehoff: Eine Kindertagespflegeperson betreut maximal fünf Kinder im Alter von 8 Wochen bis zu 3 Jahren. Dadurch herrscht eine ruhige und familienähnliche Atmosphäre und es kann ganz individuell und bedürfnisorientiert mit dem Kind gearbeitet werden. Wenn wir zu Hospitationen vor Ort sind, nehmen wir selbst die Entschleunigung war, das tut nicht nur uns gut, sondern vor allem ist dieser Rahmen so wichtig für die gesunde Entwicklung und Entfaltung der Kinder. Dieser sanfte Einstieg in die Fremdbetreuung ist gerade für sehr junge und sensible Kinder von Vorteil. Ansonsten ist es ein gleichrangiges Angebot und kostet auch nicht mehr als Kita. Mit dem Blick auf das Ziel, für Kita stadtweit einheitliche Elternbeiträge einzuführen, gestaltet sich die Höhe der Elternbeiträge für Kindertagespflege gleich.
Was genau ist Ihre Aufgabe?
Linda Gorgas: Als Fachaufsicht und Fachberatung für Kindertagespflege sind wir zuständig für alle Fragen rund um die Kindertagespflege , d.h. wir beraten zum Beispiel Interessent:innen und prüfen ihre Eignung, begleiten sie im Erlaubnisverfahren und sichern auch hinterher die Qualität, indem wir uns z.B. regelmäßig selbst ein Bild von der Arbeit vor Ort machen. Darüber hinaus machen wir den Kindertagespflegepersonen und Eltern auch niederschwellige Beratungsangebote über unterstützende freie Träger der Jugendhilfe zugänglich. Unsere Arbeit ist sehr vielfältig und das macht auch am meisten Spaß.
Nicole Niehoff: Als Kindertagespflegeperson hat man eine große Verantwortung und da müssen die Haltung und Motivation stimmen. Wir sorgen für gute Rahmenbedingungen und schauen immer wieder, was es braucht, damit die Kindertagespflege in Potsdam gut aufgestellt ist.
Für viele ist es eine Herzensangelegenheit.
Was muss man mitbringen, um als Kindertagespflegeperson zu arbeiten?
Nicole Niehoff: Man braucht vor allem ein Herz für Kinder im Alter bis zu drei Jahren und Spaß daran, mit ihnen zu arbeiten. Eine gewisse Erfahrung sollte vorhanden sein – sei es aus dem privaten Bereich, weil man selbst Kinder hat, oder durch ein Praktikum oder Tätigkeit als Babysitter, möglichst mit Referenzen. Auch eine gewisse Belastbarkeit und Freude an der Elternarbeit sollte man mitbringen und sich bewusst sein, dass z.B. auch Einkaufen und das Saubermachen der Räume dazugehört. Wichtig ist auch eine Motivation fürs selbstständige Arbeiten, denn es fallen auch einige administrative Aufgaben an. Darüber hinaus sollte man unbedingt Lust am Austausch nicht nur mit den Eltern, sondern auch mit anderen Fachkräften haben, sowie offen sein für die Vernetzung mit anderen Angeboten für Kinder und Familien im Sozialraum (insbesondere Kooperation mit Kita).
Linda Gorgas: Man sollte auch schauen, ob diese Arbeit für einen, in seiner eigenen persönlichen Situation, realistisch ist. Hat jemand z.B. selbst noch kleine Kinder oder ist alleinerziehend, muss ein gut funktionierendes soziales Netzwerk vorhanden sein, um die Arbeit als Kindertagespflegeperson leisten zu können. Wir schauen mit den jeweiligen Interessent:innen gut auf die individuelle Ausgangssituation und nehmen uns Zeit, denn es ist ebenso unsere Verantwortung, eine mittelfristige Perspektive zu sichern. Es bringt niemandem etwas, in diesen verantwortungsvollen Beruf zu starten und die Tätigkeit nach kurzer Zeit wieder aufgeben zu müssen.
Braucht man eine pädagogische Ausbildung?
Linda Gorgas: Nein, eine pädagogische Vorbildung ist keine Grundvoraussetzung. Alle Kindertagespflegepersonen müssen eine Qualifizierung zur Kindertagespflegeperson durchlaufen. Ohne pädagogische Ausbildung sind das aktuell 160 Stunden, mit Ausbildung 30 Stunden. Dazu kommen pro Jahr fünf weitere Fortbildungstage zu verschiedenen pädagogischen Themen.
Nicole Niehoff: Neben ausgebildeten Pädagog:innen haben wir auch Quereinsteiger:innen z.B. aus dem Einzelhandel oder Bürowesen, die merken, dass ihr aktueller Beruf sie nicht erfüllt und sie eigentlich schon immer mit Kindern arbeiten wollten. Für viele ist es eine Herzensangelegenheit. Der Job ist anspruchsvoll, aber sehr schön.
Linda Gorgas: Ein häufiges Feedback, das wir bekommen ist: „Das war die beste Entscheidung meines Lebens, hätte ich das mal früher gemacht!”
Wie genau ist der Prozess, wenn ich in der Kindertagespflege arbeiten möchte?
Linda Gorgas: Zunächst kann man uns einfach anrufen und wir verabreden ein erstes persönliches Informationsgespräch. Alle Informationen in Kürze findet man übrigens auch auf unserer Webseite. Ist man entschlossen, stellt man einen Antrag zur Erlaubniserteilung zur Kindertagespflege und meldet sich in Absprache mit uns für eine Qualifizierung an. Hier gibt es Angebote unterschiedlicher Bildungsträger in Berlin und Brandenburg und unterschiedliche Zeitmodelle, so dass man z.B. auch schon in die Qualifizierung starten kann, während man noch im anderen Arbeitsverhältnis ist.
Nicole Niehoff: Zum Erlaubnisverfahren gehört auch eine Hospitation über zwei Wochen in einer Kindertagespflege. Dies ist für alle Seiten nochmal eine gute Möglichkeit zu schauen, ob es wirklich passt. Parallel kann man schon anfangen, nach geeigneten Räumen zu suchen. Je nachdem, wie schnell man mit allem ist, dauert der gesamte Prozess drei Monate bis zu einem Jahr. Die Erlaubnis ist übrigens immer auf fünf Jahre begrenzt, danach gibt es ein erneutes Erlaubnisverfahren mit Führungszeugnis usw.
Wie läuft das eigentlich finanziell, wird ein Teil der Kosten von Ihnen getragen?
Linda Gorgas: In der Ausbildung tragen wir die Hälfte der Qualifizierungskosten, diese betragen insgesamt etwa 1.500 Euro. Im laufenden Betrieb erstatten wir sämtliche Aufwendungen, z.B. die Mietkosten in Orientierung am Mietspiegel. Auch Sachaufwendungen wie die Ausstattung der Räume werden über Pauschalen refinanziert! Und wer aus der Arbeitslosigkeit gründet, kann z.B. auch einen Gründungszuschuss beantragen, hier berät das Arbeitsamt. Insgesamt sollte man unbedingt einen gewissen finanziellen Puffer haben, bevor alles anläuft, um z.B. die Ausstattung der Räume vorzufinanzieren oder auch Mietkautionen zahlen zu können.
Was verdient man denn so als Kindertagespflegeperson?
Nicole Niehoff: Die Vergütung erfolgt abhängig von der Anzahl der Kinder, der Stundenzahl und der pädagogischen Ausbildung in Anlehnung an den Tarifvertrag öffentlicher Sozial- und Erziehungsdienst. Pro Kind sind es zwischen 400 und 800 Euro pro Monat. Das wird direkt von der Stadt Potsdam finanziert, das heißt, die Eltern zahlen ihren Eigenanteil an uns und wir vergüten wiederum die Kindertagespflegeperson. Um die Vergabe der Plätze kümmern sich die Kindertagespflegepersonen selbst. Viele haben Wartelisten, z.B. mit Geschwisterkindern.
Wie kommen die Eltern an einen Platz in der Kindertagespflege, wenn man selbst keine Tagesmutter oder Tagesvater kennt?
Linda Gorgas: Es gibt hierzu eine gute Übersichtskarte der Stadt Potsdam, auf der neben den Kitas (blau) auch die Tagesmütter (lila) mit allen Kontaktdaten vermerkt sind. Oder man wendet sich an einen der drei freien Träger, über die alle Kindertagespflegepersonen in Potsdam vernetzt sind – FidL Frauen in der Lebensmitte e.V., Die Kinderwelt gGmbH und Treffpunkt Fahrland e.V. Die Kontaktdaten findet man bei uns auf der Webseite. Der Betreuungsplatzservice Kita-Tipp der Stadt Potsdam berät ebenso zum Betreuungsangebot Kindertagespflege. (Anmerkung der Redaktion: Auch bei uns findet ihr eine Liste mit einigen Potsdamer Tagesmüttern)
Wie ist das eigentlich, wenn die Kindertagespflegeperson mal krank wird? Wer kümmert sich dann um die Kinder?
Linda Gorgas: Eine Krankheitsvertretung ist inzwischen gut organisiert. Zum einen haben wir bis zu zwei Springer pro Träger, die regelmäßig in allen Einrichtungen sind und die Kinder kennenlernen, so dass sie im Krankheitsfall einspringen können. Teilen sich zwei Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten oder sind sie in der Nähe, können sie sich auch gegenseitig vertreten, sofern es dann nicht mehr als fünf Kinder pro Person werden. Über einen freien Träger gibt es darüber hinaus die Möglichkeit der Kurzzeitkinderbetreuung als Vertretungsvariante.
Werden denn aktuell neue Kindertagespflegepersonen gesucht?
Linda Gorgas: Ja, auch wir merken den Fachkräftemangel. Früher hatten wir pro Jahr 20 bis 30 Interessent:innen und 10 neue Kindertagespflegepersonen, heute sind es deutlich weniger. Wir freuen uns daher sehr über neue Interessent:innen!
Liebe Frau Gorgas, liebe Frau Niehoff, wir danken für das Interview!
Mehr erfahren:
→ weitere Informationen zur Kindertagespflege in Potsdam
Kontakt:
- Nicole Niehoff: 0331-289-2899, kindertagespflege2@rathaus.posdam.de
- Linda Gorgas: 0331-289-2322, kindertagespflege1@rathaus.potsdam.de
Besucheradresse: Am Palais Lichtenau 3/5, 14469 Potsdam
Mehr zum Thema erfahrt ihr auch in unserem Interview mit Tagesmutter Andrea. Von dort haben wir auch eine Liste von Tagespflegepersonen für euch verlinkt.
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