Janine: „Wir können alle mit weniger glücklich sein!“

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Janine Dudenhöfer (40) lebt mit ihrem Freund und den beiden Söhnen (4 & 7) seit Kurzem in ihrem Traumhaus im Potsdamer Umland. Minimalismus und Nachhaltigkeit spiegeln sich nicht nur in ihrem Eigenheim, sondern auch in ihrem Job als Nachhaltigkeits-Stylistin wieder. Warum sich die Familie ganz bewusst für das Leben außerhalb der Großstadt entschieden hat und wie man in seinem eigenen Kleiderschrank wunderbar shoppen kann, verrät uns Janine im Interview.

POLA Magazin: Habt ihr schon immer von einem eigenen Haus im Grünen geträumt?

Janine: Eigentlich nicht. Meine Sandkasten-Freundin wohnt hier ganz in der Nähe und hat immer wieder nachgefragt. Am Wochenende waren wir oft bei ihr zu Besuch und es hat uns hier wirklich gut gefallen. Sie ist einfach immer dran geblieben und hat uns Fotos von Immobilienangeboten geschickt. Dann haben wir uns einige Bestandsimmobilien angesehen und in ein Haus haben wir uns auch sofort verliebt. Da hatten wir dann das erste Mal das Gefühl, aus Berlin rausziehen zu wollen. Leider hatte das Haus viele Mängel und wir haben uns dann dagegen entschieden. Kurze Zeit später schickte mir meine Freundin ein Bild von einem zum Verkauf stehenden Grundstück geschickt.

Und habt ihr sofort zugesagt? Sicherlich gab es viele weitere Interessenten.

Nein. Aber wir hatten genau ein Wochenende, um darüber nachzudenken, was wir jetzt machen, da ein Neubau für uns eigentlich nicht in Frage kam. Wir haben alles durchkalkuliert, uns fest in die Augen geschaut und uns dann dafür entschieden, ein Grundstück zu kaufen, auf dem nur Apfelbäume standen.

Und seitdem habt ihr es sicherlich nicht bereut?

Auf keinen Fall! Wir haben zwei Kinder, wir werden immer älter und ich merke auch, dass meine Energie begrenzt ist. Vor zehn Jahren war das noch ganz anders. Ich hatte auch schon zwei Hörstürze und musste vieles verändern. Die Ruhe und die Natur hier draußen tun uns allen einfach richtig gut.

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Wie lange hat der Hausbau gedauert – von der Planung bis zum Einzug?

Knappe zweieinhalb Jahre. Für die Planung haben wir uns zwei Jahre Zeit gelassen. Der Hausbau ging dann relativ schnell. Wir hatten ein tolles Architektenteam, das seine Stärke in der Ausführung hat.

Nimmt die Hausplanung immer so viel Zeit in Anspruch?

Unterschiedlich. Manche haben ihre Vision und Pläne schon in der Schublade, andere fangen bei 0 an. Es kommt auch darauf an, wie gut man seine Ideen kommunizieren kann – und der Architekt:tin/Bauleiter:in diese versteht. Also wie so oft auf die Wellenlänge.

Was war euch beim Hausbau wichtig?

Es sollte effizient und minimalistisch sein. Wir wollten ein möglichst naturbelassenes Raumklima und haben viele natürliche Materialien, wie zum Beispiel Holz und Kalk, verwendet. Viele Ideen haben wir selber mit eingebracht. Außerdem haben wir energieeffizient gebaut. Unsere Fensterfronten sind nach Süden ausgerichtet, so gelangt viel Wärme durch die Fenster. Wir haben Anschlüsse für Photovoltaik, die noch nachgerüstet wird. Wir heizen mit einer Erdwärmepumpe und wir haben versucht, im Haus viel Holz zu verbauen. Das speichert CO2 über viele Jahre hinweg.

In beiden Ebenen gibt es einen Holzboden, überall Fenster- und Fensterbretter aus Holz und auch unserer Garagenanbau ist aus Holz. Hierbei ist es wichtig, auf die Zertifizierungen zu achten. Dadurch erfährt man, wo das Holz herkommt und ob der Wald auch wieder aufgeforstet wird. Außerdem war uns wichtig, dass alle Gewerke aus der Nähe sind und auch die Baustoffe aus dem regionalen Umland beziehungsweise aus Deutschland stammen. Das hat uns im Zuge der Pandemie quasi den A. gerettet – weil wir keine Verzögerungen oder Lieferengpässe aufgrund von Grenzschließungen hatten.

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Auch unseren Grundriss haben wir effizient gestaltet. Bei uns gibt es keinen leeren Raum. Man steht sofort in der Küche und alles ist kompakt. Jede Fläche ist einer Nutzung zugewiesen. Und: Wir haben bewusst auf einen Keller verzichtet!

Eure Inneneinrichtung ist sehr minimalistisch, entspannend und entschleunigend. Habt ihr euch bei eurem Umzug von vielen Dingen getrennt?

Danke für die Blumen! Nein, wir haben vorher auf 120qm gewohnt, jetzt sind es 170qm. Wir haben unsere bestehenden Möbel in die Räume mit eingeplant. So mussten wir nicht Neues anschaffen. Und von ein paar Dingen trennt man sich ja wohl bei jedem Umzug, oder? Das ist auch gut so.

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Wir lieben eure Stauraum-Ideen! Erzähl uns doch bitte mal was über den stylischen Stauraum unter eurer Treppe.

Da wir keinen Keller haben, war Stauraum von Anfang an in der Planung ein Thema. Und als uns die Optionen Betontreppe oder eben Holztreppe aufgezeigt wurden, war mir ziemlich schnell klar, dass wir nicht nur auf Holz setzen, sondern den unter der Treppe entstehenden Raum auch gleich als Schrank nutzen wollen. Pinterest, mein Farbgespür und ein toller Tischler haben dann den Rest gemacht.

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Und woher nimmst du deine Inspirationen?

Klar von Instagram und Pinterest. Ich liebe den architektonischen Stil der 60 und 70er. Ihr erinnert euch sicher an die Wohnungen und Büros aus Mad Men? Am Anfang hatte ich ein Pinterest-Board mit viel zu vielen Bildern. Das war eine große Herausforderung für mich, das auf einen Nenner zu bringen. Alles was mir gefallen hat, musste so reduziert werden, dass es zusammenpasst. Unsere Vintage Möbel, das Holz, die Kalkwände und die klaren Linien. Schwarze Küchen sind aktuell zwar immer noch im Trend, aber sie sind super unpraktisch. Man sieht jedes Staubkorn und jeden Fleck. Deshalb ist unsere jetzt rot und braun aus MDF-Platten mit einer Steinarbeitsplatte. Einige Entscheidungen mussten einfach pragmatisch getroffen werden, dabei hat mir mein Freund sehr geholfen, denn er hat eine ganz klare Linie.

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Was würdest du anderen Menschen raten, die sich ein Haus bauen wollen? Was sollte man unbedingt beachten?

  1. Überlegt euch ganz genau, wie groß euer Grundstück und auch die Grundfläche eures Hauses sein soll, denn jeder Garten, jeder Kubikmeter muss auch bewirtschaftet beziehungsweise gereinigt werden. Im Endeffekt braucht es viel weniger als wir denken.

  2. Unterschätzter Vorteil einer Bestandsimmobilie: Der Garten ist bereits angelegt und bepflanzt. Ich sage das so oft, weil wir gerade sehen, wie der Außenbereich kostentechnisch nochmal zu Buche schlägt.

  3. Sucht euch eine:n Planer:in, die gut zu euch passt und auf Anhieb versteht, was ihr euch vorstellt. Es gibt mittlerweile auch viele Architekten, die auf ökologisches Bauen oder gar auf Cradle to Cradle Kreislaufdenken spezialisiert sind. Siehe der Bewegung “Architects for Future”.

  4. Nehmt euch Zeit für die Planung. Durchdenkt Lebenssituationen (auch zukünftige) und alltägliche Laufwege. Wir haben zum Beispiel einen Hintereingang mit Abspülbecken für die Kids – und ihre Matschklamotten. Was wünscht sich jede:r von einem Raum? Offene Räume sind großzügig, können aber akustisch ungemütlich werden und hallen. Und möchte man im Pyjama auf dem Sofa sitzend gesehen werden, wenn die jugendlichen Freunde der Kinder die Treppe hoch schleichen?

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  5. Kommunikation ist der Schlüssel. Geht nicht davon aus, dass sich Gewerke untereinander absprechen. Es braucht jemanden, der dirigiert, wie in einem Orchester. Bauleiter:in, Architekt:in und die Bauherren sollten eng miteinander und mit den Gewerken kommunizieren. Weil so viele Details auch wiederum von anderen Dingen abhängen, dass lieber einmal mehr klar gemacht werden sollte, was genau gewünscht ist.

Und welcher Raum ist dein Lieblingsraum?

Natürlich mein begehbarer Kleiderschrank (lacht). Ich wollte gern, dass meine Kleidungsstücke locker hängen können und ich alle gut sehen kann. Kein Kleidungsstück sollte in einer hinteren Reihe verschwinden. Auch, wenn ich nicht mehr soviel besitze wie früher, war mir Platz dafür wirklich wichtig.

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Minimalismus und Nachhaltigkeit spielt auch in deinem Job als Stylistin eine wichtige Rolle. Hast du schon immer in der Modebranche gearbeitet?

Ja, ich habe Textilmanagement studiert und dann viele Jahre als Moderedakteurin gearbeitet. Als ich schwanger wurde, war klar, dass sich der Job nicht mit Kindern vereinbaren lässt. Man weiß einfach nie, wie lange man an einem Set ist. Durch eine gemeinsame Bekannte bin ich dann zu Mummy Mag gekommen und habe dort bis 2019 gearbeitet. Danach habe ich relativ schnell als Personal Stylistin angefangen und konzentriere mich nun auf meine gelebte Überzeugung, dass wir alle mit weniger glücklich sein können!

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Wie muss man sich deine Arbeit als Sustainable Stylistin vorstellen?

Ich organisiere Kleiderschränke, sodass jede Frau weiß, was sich in ihrem Kleiderschrank befindet und wie sie ihre vorhandenen Teile am besten untereinander kombinieren kann. Am Ende werden die zusammengestellten Outfits fotografiert, denn wenn man morgens schnell eine Idee braucht, sind diese Bilder sehr hilfreich. Falls Teile fehlen, besorge ich sie. Entweder Second Hand oder ich bestelle sie bei Fair Fashion Labels. Das sind meistens Teile, wie beispielsweise ein Blazer, in denen man sich gleich gut angezogen fühlt, ohne zu schick auszusehen.

Außerdem helfe ich auch beim Aussortieren, denn oft hängen im Kleiderschrank Teile, welche die Frau nie anzieht, da sie sehr unpraktisch sind beziehungsweise ihrer Persönlichkeit oder dem Alter nicht mehr entsprechen. Und dann bekommt jede Frau von mir auch noch eine Liste mit Empfehlungen. Darauf stehen zum Beispiel Farben oder Schnitte, die ihr besonders gut stehen und auch Tipps für zukünftige Käufe. Darauf schreibe ich aber auch, welche Teile sie nicht kaufen soll, sodass sie sich im Laden daran erinnert und bestenfalls das Teil hängen lässt.

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Hast du noch einen konkreten Tipp?

Setzt Brüche! Auch ein Stretchkleid aus der Schwangerschaft kann man mit einem Longblazer oder einem längeren Pullover und einem Gürtel (um die Taille) weiterhin super tragen. Dadurch wird die Länge betont und mit einem Cap und Sneakern zu einem richtig coolen Look.

Liebe Janine, vielen Dank für das Interview!

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1 Kommentar(e)

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  1. says: Sylvia

    Ist es nicht ein wenig heuchlerisch unter dem Titel „weniger ist mehr “ zu veröffentlichen, dass man von 120 qm auf 170 qm vergrößert hat?????
    Unsere grüne wohlhabende nachhaltige intellektuelle Schicht hat eine Immobilie im berliner Umland mit exorbitanten immobilienpreisen gekauft und verkauft die Idee als nachhaltig – das ist echtes Marketing