“Es sollte einfach kein Tabuthema mehr sein!”
Carlotta kenne ich bestimmt schon seit einem Jahr. Doch getroffen haben wir uns noch nie. Wie das möglich ist? Na dank Instagram. Carlotta zeigt dort täglich unter callicarlchen Eindrücke aus ihrem bunten und fröhlichen Leben mit vier Kindern. Jetzt haben wir uns endlich mal bei ihr zu Hause getroffen und ich habe ihr ein paar private Fragen gestellt.
Liebe Carlotta, wie schön, dass wir uns endlich mal kennenlernen. Bitte stell dich doch einmal vor.
Carlotta: Ich heiße Carlotta, bin 43 Jahre alt und wohne in Babelsberg, für mich der schönste Teil Potsdams. Ich bin verheiratet und habe vier Kinder. Die Große wird im Mai 15, der Zweitälteste ist im Dezember 13 geworden, mein jüngster Sohn ist 9 und meine kleine Nachzüglerin ist 3,5 Jahre alt. Ich habe Jura studiert und als Diplomjuristin das Studium abgeschlossen. Mit den Kindern war ich dann eine ganze Zeit lang zu Hause und seitdem die Kleine in den Kindergarten geht, arbeite ich wieder als Vertretungslehrerin an einer Grundschule, wie ich das vor der letzten Schwangerschaft auch schon tat.
Ihr wohnt ja noch nicht immer in Potsdam. Wann und warum seid ihr nach Babelsberg gezogen?
Wir sind Ende 2004 aus Singapur hergezogen. In Singapur waren mein Mann und ich beruflich tätig und es hat uns dort unheimlich gut gefallen. Dort ist auch unser erste Kind geboren. Wir wären gern die vier geplanten Jahre geblieben, mussten aber aufgrund der Lungenkrankheit SARS und einigen wirtschaftlichen Umstrukturierungen der Firma nach zwei Jahren wieder zurück kommen. Wir sind dann direkt hier nach Babelsberg gezogen. Ich bin Berlinerin und kann mir jetzt gar nicht mehr vorstellen, woanders als hier zu wohnen, außer nochmal in Singapur vielleicht! In den letzten 13 Jahren hat sich bei uns am Griebnitzsee wirklich wahnsinnig viel verändert. Es gab keinen Eisladen, keinen Italiener, keinen Edeka, kein nettes Café und die Rudolph-Breitscheid-Straße war überhaupt nicht befahren. Alles in allem eine sehr idyllische Atmosphäre und Gegend. Für mich als Berlinerin ist es allerdings super schön, die Großstadt Berlin so nah vor der Tür zu wissen und trotzdem entspannt im Grünen zu leben. Als wir herzogen, war der Griebnitzsee auch noch überall öffentlich zugänglich. Das hat richtig Freude gemacht, denn da konnten wir mit den Kindern noch eine Radtour rund um den See machen und im Anschluss im Park Babelsberg in den Biergarten gehen. Das geht jetzt natürlich auch noch, aber eben nicht mehr komplett am Wasser entlang. Ich würde mir sehr wünschen, wenn sich die Stadt Potsdam und die Uferanwohner endlich einigen könnten, im Sinne des Gemeinwohls, und alle Wege wieder frei zugänglich sind wie damals.
Wo ist euer liebster Familienort hier in Potsdam?
Hier am Griebnitzsee. Das Wasser vor der Haustür zu haben, ist einfach ein ganz großer Erholungswert. Allein wenn wir nur etwas einkaufen gehen oder zum Kindergarten und zur Schule radeln und zwischendurch einen Blick auf den Griebnitzsee haben, das ist einfach unbezahlbar. Die Großen lieben im Sommer Stand Up Paddling, was man direkt im S-Bahnhof Griebnitzsee mieten kann. Die Sieben-Seen-Rundfahrt mit dem Dampfer macht auch sehr viel Spaß, eine Anlegestelle dieser Tour ist direkt am Bahnhof unten am Wasser. Außerdem sind wir auch sehr gerne im Strandbad Babelsberg.
Wolltest du schon immer mehrere Kinder?
Ich wusste schon recht früh in meiner Jugend, dass ich ganz viele Kinder bekommen möchte. Ich bin die Älteste von vier Kindern und ich hätte selbst am liebsten sechs Kinder gehabt. Es war allerdings sehr schwierig für mich, überhaupt zum ersten Mal schwanger zu werden. Das war leider eine ganz lange Prozedur.
Bloß gut, es hat dann ja doch geklappt.
Ja, vier wunderbare Geschenke! Es hat aber weit mehr als zwei Jahre gedauert, bis ich überhaupt schwanger wurde. Danach hatte ich auch einige Fehlgeburten und eine Operation an der Gebärmutter. Und meine kleinste Tochter ist auch eigentlich ein Zwilling gewesen.
Wie erging es dir danach?
Das hat mir doch lange zu schaffen gemacht und der Gedanke an ein weiteres Kind war immer in meinem Kopf. Aber ich bin nicht mehr die Jüngste und mit vier gesunden Kindern sind wir wirklich gesegnet und unglaublich glücklich. Aber letztendlich ergeht es ja ganz vielen Frauen so. Im Laufe der Jahre haben ich einige kennengelernt, die auch schon Fehlgeburten hatten. Ich finde es wichtig, dass das ruhig mal ausgesprochen wird. Denn es kann den anderen Frauen, die auch betroffen sind, ja nur helfen, mit dieser traurigen Situation umzugehen und sie wissen lassen, dass sie nicht allein sind, geschweige denn, selbst daran Schuld tragen. Solche Gedanken können schnell kommen. Es wäre schön, wenn es kein so großes Tabuthema mehr ist. Vielleicht kann nicht jeder gleich zu Beginn darüber sprechen und brauchen natürlich auch gar nicht alle, aber ich habe es recht schnell bewusst kommuniziert, weil ich zum Beispiel die Fragen der anderen: “Ihr seid doch jetzt schon zwei Jahre verheiratet, wann kriegt ihr denn endlich mal ein Kind?” auch nicht mehr hören konnte und ich mir auch erhoffte, so andere Betroffene kennenzulernen, um sich auszutauschen. Das hilft und stärkt nämlich enorm in so einer belastenden Zeit, finde ich.
Was ist das Besondere an einer Großfamilie?
Ständige Action, Trubel, Leben zu Hause, Spaß, Lebensfreude und bei uns ein Glück auch ganz großer Zusammenhalt, auch zwischen meinen drei Geschwistern, meiner Mutter und uns. Wie das Lied von Peter Fox “Haus am See” so schön ausdrückt: “Meine 100 Enkel spielen Cricket auf’m Rasen. Wenn ich so daran denke, kann ich’s eigentlich kaum erwarten.” So stelle ich mir das für mich später zu gern mal vor. Einfach das Gefühl, dass immer jemand da ist, zusammen erzählt, kocht, lacht, verreist, auch mit mehreren Generationen. Bloß keine Langeweile, bitte! 🙂 Als wir noch drei Kinder hatten, haben wir einfach gemerkt, da fehlt noch jemand, wir sind noch nicht komplett. Es ist auch wirklich schön zu sehen, wie die vier zusammen groß werden und das, obwohl sie ganz unterschiedlichen Altersabstände haben. Sich ergänzen, helfen, zusammen spielen und vieles mehr. Was nicht heißt, dass es hier keine Streitereien gibt, die gehören natürlich auch dazu!
Und was ist das Anstrengendste?
Ganz klar der Schlafmangel. Leider war keines der Kinder ein richtig guter Schläfer. Das raubt einem wirklich viel Kraft. Mittlerweile ist es zum Glück schon um einiges besser geworden, das tut gut!
Und wo holst du dir deinen Ausgleich?
Beim Sport. Ich habe früh angefangen Hockey zu spielen, es viele viele Jahre unheimlich gern und intensiv gespielt. Sport ist seitdem eine große Leidenschaft von mir. Ich versuche drei Mal die Woche ins Fitness-Studio zu gehen, im Sommer jogge ich auch sehr gern am Griebnitzsee oder Teltwokanal. Das ist einfach meine Zeit. Ich habe sonst wenig Zeit für mich selbst und von daher genieße ich es, mal 1- 2 Stunden nur für mich zu sein. Danach fühle ich mich immer wie neu geboren.
Was wünscht du dir für die Zukunft?
Das wir alle gesund und fröhlich bleiben und uns von Alltagssorgen nicht beirren lassen und den Kindern all das mitgeben können, was sie für eine glückliche Zukunft brauchen und sich wünschen!
Liebe Carlotta, ich danke dir für das nette Interview!
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Was für ein beeindruckendes Interview. Ich finde es sehr bewundernswert und mutig mit einem so persönlichen und schwierigen Thema an die Öffentlichkeit zu gehen. Aber das ist es ja genau! Hut ab liebe Carlotta! Ganz toll gemacht und wirklich sehr schön geschrieben. Ich freue mich, mehr von Euch zu lesen.