„Eigentlich ist es gar nicht so schwer, einen Garten aus der Erde auf das Dach zu holen.“

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Elisa (41), Hendrik (38) und Fritz (9) haben wohl den schönsten und grünsten Dachgarten in ganz Potsdam. Das Ehepaar stammt ursprünglich aus Erfurt. Seit neun Jahren leben sie in ihrer Dachgeschoss-Wohnung im Holländischen Viertel, zu dem eine 20 Quadratmeter große Dachterrasse zählt. Warum der Dachgarten in Elisas Leben nun eine noch wichtigere Rolle spielt und wie man Kinder für das Gärtnern begeistern kann, verrät euch Elisa im Interview!

Liebe Elisa, wie bist du eigentlich zum Gärtnern gekommen?

Meine Großeltern hatten eine große Landwirtschaft in Thüringen. Als Kind habe ich fast jedes Wochenende bei ihnen verbracht und ich bin dort einfach aufgegangen. Meine Großeltern haben den Grundstein für meinen grünen Daumen, aber auch für meine Tierliebe gelegt. Ich war einfach immer überall dabei. Ich war nie ein richtiges Spielplatzkind, sondern immer auf dem Feld oder im Garten unterwegs. Und meine anderen Großeltern hatten viele Jahre eine große Gemüsegärtnerei. Für mich war es einfach immer selbstverständlich, mein eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Man könnte wohl sagen, dass mir das Gärtnern in die Wiege gelegt worden ist. In der Jugend habe ich aber mal eine kleine Gärtner-Pause eingelegt. 😉

In meiner ersten Studentenwohnung in Potsdam (im Holländischen Viertel) hatte ich eine Dachterrasse und eine kleine Terrasse, denn es war eine Maisonette-Wohnung. Zusätzlich gab es noch einen großen Innenhof. Da erwachte meine Leidenschaft für das Gärtnern wieder. Im Innenhof habe ich zum Beispiel gleich im ersten Jahr Möhren gesät. Und dann habe ich einfach nie wieder damit aufgehört. In unserer jetzigen Wohnung haben wir auch wieder eine große Dachterrasse und auch im Innenhof besitzen wir einen kleinen Minigarten. Das Gärtnern war eigentlich schon immer mein Ausgleich!

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Obwohl du einen so tollen Ausgleich hattest, hast du dich gegen deinen alten Job entschieden?

Ich war lange für die Unternehmenskommunikation in einem großen Energiekonzern zuständig, aber ich stand nie hinter dem Produkt. Mein Herz schlug eher für Klima und Umwelt und nicht dagegen. Meine Arbeit spiegelte in keiner Weise meine Ansichten und Werte wider. Daher war die logische Konsequenz, zu gehen und mich beruflich so zu orientieren, dass ich mich viel stärker in meiner Aufgabe wiederfinde. Und so entstand langsam die Idee für “Die Sprießerie”.

Und dann?

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Ich habe einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, der mich für ein Jahr von meinem Job freigestellt hat, aber ich war trotzdem noch angestellt. Das hat mir eine finanzielle Sicherheit gewährt. Dann habe ich mir bewusst drei Monate Zeit gegeben, um zu hinterfragen, ob die Selbstständigkeit auch die richtige Entscheidung für mich ist. Ich habe mir beispielsweise die Frage gestellt, ob mich meine neue Tätigkeit so sehr motiviert, dass ich es schaffe, meine eigene Firma aus eigener Kraft aufzubauen. Was mir dabei geholfen hat, war der Lotsendienst in Potsdam. Beim Development Center hatte ich ein einwöchiges, intensives Coaching und habe dort meine Ideen zur Sprießerie vorgestellt. Das war wirklich intensiv, aber danach war ich mir sicher, dass mein neuer Weg genau der richtige ist.

Ursprünglich wollte ich auch einen Dachgarten mieten und dort meine Ideen verwirklichen. Doch diesen konnte ich zu dieser Zeit nirgends finden. Also habe ich mich darauf konzentriert, was in genau diesem Moment bereits da war – mein privater Dachgarten und was ich den Menschen dadurch schon mitgeben kann. Und so ist Die Sprießerie auch immer mehr mein erster Dachgarten geworden.

Und was steckt alles hinter deinem Unternehmen?

Ein Dachgarten, eine Manufaktur und ein Webshop.

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In deinen Storys hast du berichtet, dass du endlich einen weiteren Dachgarten gefunden hast! Herzlichen Glückwunsch!

Ja, ich freu mich total! Im Technologiezentrum habe ich auch meine Mietküche. Die Dachterrasse soll jetzt in erster Linie meine große Anbaufläche für die Zutaten meiner selbst hergestellten Granolas und Tees sein. Und natürlich für all die Produkte, die noch kommen werden. Außerdem möchte ich dort kleine Veranstaltungen und Workshops stattfinden lassen – zum Beispiel Kindergeburtstage. Aber ich will auch die erwachsenen StadtgärtnerInnen erreichen, die nicht wissen, was sie alles auf ihrem kleinen Balkon anpflanzen können oder welche Pflanzen zusammenpassen. Dafür plane ich einmal im Monat ein Dachgarten-Café zu wechselnden Themen. Wer nicht so lange warten will, kann mich schon jetzt für eine individuelle Stadtgartenberatung buchen. Mir ist es einfach wichtig, mein Wissen weiterzugeben. Ich möchte Menschen dabei helfen, auch auf wenig Fläche mit Gemüse, Kräutern, Stauden und sogar kleinen Gehölzen zu experimentieren. Viele haben in der Stadt Sehnsucht nach Natur, Grün und Entspannung, nicht nur am Wochenende. Dabei ist es gar nicht so schwer, sich eine kleine grüne Wohlfühloase im eigenen Zuhause schaffen. Man braucht keinen riesigen Balkon, um es sich grün und gemütlich zu machen – und dazu noch eine kleine eigene Ernte einzufahren.

Und wie läuft dein Shop? Worauf legen deine Kund:innen wert?

Der ist gut angelaufen. Man merkt, dass die Menschen genau wissen wollen, bei wem sie was kaufen und woher die Produkte stammen. Sie kaufen neben meinen eigenen Produkten auch gern Dinge, die schon gebraucht sind. Ich habe durch Zufall einen wunderbaren Trödel an der Ostsee entdeckt und da bin ich regelmäßig. Die Second Hand Sachen werden zusammen mit der Gartenausstattung und jeder Menge Saatgut speziell für kleine Stadtgärten – und auch für Kinder – super gern bei mir gekauft.

Und warum hast du erst jetzt den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt?

Zum einen hat sich Hendrik vor zwei Jahren selbstständig gemacht, aber auch, weil Fritz noch kleiner war und noch viel mehr Aufmerksamkeit von uns gebraucht hat. Erst jetzt war der Moment, in dem ich das Gefühl hatte, wieder mehr Luft zu haben. Ich habe mir auch ganz genau überlegt, wann der richtige Zeitpunkt für die Gründung ist. Mir ist natürlich auch bewusst, dass das eine Luxus-Situation ist, denn nicht jeder hat die Möglichkeit, sich so viel Zeit zu nehmen und wählen zu können. Ich mache jetzt genau das, was ich liebe, aber ich arbeite auch mehr, denn irgendeine Idee schwirrt immer in meinem Kopf herum.

Da du dein Hobby zum Beruf gemacht hast: Welchen Ausgleich hast du jetzt?

Ehrlich gesagt, ist das Gärtnern immer noch mein Ausgleich. Da die Selbständigkeit viel Bürokratie mit sich bringt und ich leider viel zu oft am Schreibtisch sitze. Außerdem liebe ich Yoga sehr, besonders im Dachgarten unter freiem Himmel.

Warum hast du dich auf das Gärtnern auf Dachgärten und Balkonen spezialisiert?

Weil ich gemerkt habe, dass es da einfach die meisten Fragen gibt. Durch meinen Insta-Account die_spriesserie werden viele auf meinen Dachgarten aufmerksam und ich sehe ja, wie viele Fragen mich dort täglich erreichen. Und ich freue mich, dass ich mein Wissen dort einfach so gut weitergeben kann. Und eigentlich ist es gar nicht so schwer, einen Garten von der Erde auf das Dach zu holen.

Und braucht es in Potsdam mehr grüne Balkone?

Ja, auf jeden Fall! Zum Beispiel gibt es im Bornstedter Feld so viele neue Gebäude und Wohnungen mit Balkonen. Und immer, wenn ich dort vorbeifahre, fällt mir auf, wie wenig begrünt die Balkone sind. Dort steckt überall so tolles Potenzial. Außerdem bauen wir immer noch zu klimaunfreundlich. So richtig verstehe ich das nicht.

Allein in Deutschland haben 28 Millionen Haushalte einen Balkon oder eine Terrasse. Die durchschnittliche Größe beträgt acht bis zehn Quadratmeter. Wenn wir die alle bepflanzen würden, ergäbe das eine Grün/Blühfläche von etwa 3400-5000 Hektar. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Größe von Naturschutzgebieten in Deutschland beträgt 156 Hektar. Auf unseren Balkonen und Terrassen versteckt sich also eine Riesenchance, mehr Grün in die Städte zu bringen und damit nicht nur etwas für Insekten, sondern vor allem für ein angenehmeres, im Sommer kühleres Stadtklima zu tun. Genau deshalb möchte ich mehr Menschen zum Balkongärtnern ermutigen und sie mit der Sprießerie beim Losgärtnern unterstützen.

Beziehst du Fritz beim Gärtnern mit ein?

Ja, aber nur, soweit er das möchte. Ein richtiger Gärtner-Fan ist er nämlich nicht, aber er isst gern, was wir ernten, wie zum Beispiel Radieschen oder Tomaten. Er hat seit diesem Jahr ein eigenes Kinderbeet und das ist wirklich eine tolle Motivation. Da hat er sich selbst Gedanken darüber gemacht, was er gern in seinem Beet hätte. Und da war ich überrascht, wie viel an Wissen er sich allein vom Zuschauen abguckt. Denn er wollte gern eine Wilde Malve, was jetzt nicht so typisch ist.

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Und hast du noch ein paar Tipps, wie man Kinder für das Gärtnern motivieren kann?

Was ich immer schön finde, ist über Sachen, die man im Garten nutzt, auch Kinder mit einzubinden. Wie zum Beispiel eine schöne Schaufel, eine kleine Harke, eine Ballbrause und ein schönes Set an Samen. Da gibt es für Kinder wirklich süße Dinge. Oft gibt es auch kleine Stäbchen zum Beschriften dazu, die man auch schön gestalten kann. Und nebenbei kann man ja immer ein bisschen was dazu erzählen und erklären. Aber bitte keinen großen Druck aufbauen oder ihnen einfach nur einen Sack Erde und Samen hinstellen. Außerdem kann man die Kinder immer durch das Wasser nach draußen locken. Alle Kinder lieben es, damit zu spielen und zu panschen. Und ganz nebenbei kann man ihnen doch das Gießen erklären und wie wichtig es ist, dies auch regelmäßig zu tun. Zum Beispiel kann man sie auch den Samen einer Sonnenblume gießen lassen, denn innerhalb von einer Woche schlüpft diese und die Kleinen sehen schnell ein Ergebnis. Denn Geduld ist, wenn man klein ist, nicht immer leicht auszuhalten. Und dann ist es auch schön, wenn man nach dem Ernten gemeinsam in die Küche geht und daraus auch was zaubert.

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Und was rätst du Erwachsenen, die es gern auf ihrem Balkon oder der Terrasse grüner haben wollen, aber keinen grünen Daumen besitzen?

Ein Beerenstrauch ist wirklich etwas sehr Schönes. Dafür braucht man nur einen großen Topf, gute Erde und dann hat man oft schon in der ersten Saison einen tollen Ernteerfolg. Was auch schön ist, ist eine alte Zinkwanne, in die man Löcher reinbohrt und dann mit Hornveilchen und kleinen Stauden bepflanzt. Beide sind pflegeleicht – man muss nur immer die verblühten Blüten mit den Fingern abknipsen, dann blühen sie fast das ganze Jahr. Traut euch wirklich, große Kübel zu nehmen, dann müsst ihr auch nicht so oft gießen, da die Erde in großen Gefäßen nicht so schnell austrocknet wie in kleinen!
Wer lieber Kräuter auf dem Balkon hätte, sollte darauf achten, dass man mediterrane (Rosmarin, Salbei etc.) und Küchenkräuter (Dill, Schnittlauch etc.) getrennt voneinander einpflanzt, denn sie haben andere Ansprüche.

Und wie kam es zu eurem neuen Familienmitglied?

Fritz hat sich schon so lange eine Katze gewünscht und jetzt an Weihnachten wurde sein Wunsch endlich wahr! Er war wirklich hartnäckig und nun ist es wirklich schön, ihn mit der Katze aufwachsen zu sehen und zu beobachten, wie er versucht, die Katze zu lesen und zu verstehen.

Und wo seid ihr im Sommer in Potsdam am liebsten?

Natürlich auf unserer Dachterrasse! (lacht) Wir sind aber auch große Fans vom Neuen Garten. Neben dem Marmorpalais kann man über eine Treppe direkt an den Heiligen See gehen. Da ist es im Sommer angenehm kühl. Wir sind aber auch gern in Müseler’s Café direkt in der Orangerie. Dort gibt es leckeren Kuchen oder auch Eis, aber leider haben sie aus bautechnischen Maßnahmen in diesem Sommer geschlossen.

Liebe Elisa, vielen Dank für das Interview und alles Liebe für deinen weiteren grünen Weg!

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