“Von der 2. Schwangerschaft haben wir erst in der 12. Woche erfahren.”

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Die Erzieherin Maren (36) und der Regieassistent Jörn (49) haben sich vor über zehn Jahren am Filmset in Babelsberg kennengelernt, während Maren dort als Komparsin arbeitete. Die beiden fanden sich zu dieser Zeit zwar sympathisch, waren aber noch in festen Beziehungen. Nach vier Jahren haben sie sich durch eine gemeinsame Freundin wiedergesehen und ineinander verliebt. Ein Jahr später ist das Paar in eine gemeinsame Wohnung in Potsdam gezogen. 2016 und 2017 kamen Johan (6) und Mathilda (4) zur Welt und haben ihre Familie rund gemacht.

Übrigens: Das Interview und Fotoshooting fand an Marens Geburtstag statt. An diesem Tag wurde in der Kita auch Fasching gefeiert! So bunt war es bei einem Interview noch nie! 🙂

POLA Magazin: Liebe Maren, lieber Jörn, wie verlief die Anfangszeit mit eurem ersten Baby?

Maren: Johan hat unsere Beziehung sehr auf die Probe gestellt. Er war zwar kein Schreibaby, aber er brauchte unheimlich viel Aufmerksamkeit. Jörn ist durch seinen Job als Regieassistent immer viel unterwegs und das war manchmal echt hart für mich.
Dieser permanente Schlafmangel, ich habe anfangs beinahe jede Nacht und fast stündlich auf einem Gymnastikball gesessen, um Johan zu beruhigen. Am Morgen musste dann aber auch unser Hund raus. Total übermüdet im Winter mit Hund und Kinderwagen durch die Stadt zu laufen, da ist einfach nichts Schönes dran. 🙂 Aber auch Jörn kam in diesen Genuss. Er nahm mir sehr viel ab, wenn er da war. Das waren die Momente, in denen ich dann mal etwas Kraft tanken konnte.

Am Anfang habe ich alle Mamis beneidet, die mit ihrem Babys in Cafés saßen und diese besondere Zeit genießen konnten. Das ging bei uns einfach nicht. Johan schrie nach dem Stillen viel und war auch schnell reizüberflutet. Eine Entspannung stellte sich nicht ein. Für mich war es schwer, plötzlich all meine Bedürfnisse einzustellen. Ich bin ein kommunikativer Mensch, treffe mich gern mit Freunden und bin gern unterwegs. Plötzlich fühlte ich mich sehr isoliert. Jörn wusste das natürlich und versuchte, mir durch seine täglichen Anrufe Kraft und Unterstützung zu schenken.

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Und dann kam ja schon relativ schnell Mathilda!

Maren: Genau. Mathilda war gar nicht geplant, ich habe erst in der 12. Woche gemerkt, dass ich schwanger bin. Natürlich wollten wir immer ein zweites Kind, aber dass sich Mathilda dann so schnell auf den Weg macht, damit hatten wir nicht gerechnet. Bei Johan hat es nämlich auch einige Zeit gedauert. Johann war zu dieser Zeit erst neun Monate alt und er war wirklich anstrengend. Natürlich war die zweite Schwangerschaft dann erstmal ein Schock für mich, doch dann habe ich mich sehr gefreut.
Es hat ja auch viele Vorteile, wenn die Geschwister nur einen geringen Altersabstand haben. Und da ich ja täglich mit Kindern arbeitete, hoffte ich darauf, dass ich es dann mit zwei eigenen Kindern auch gewuppt kriege. Außerdem habe ich auch ein bisschen darauf vertraut, dass unser zweites Kind etwas entspannter ist (lacht).

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Und wie verlief deine 2. Schwangerschaft und die Geburt eurer Tochter?

Maren: Eigentlich ganz normal und ich hatte eine schöne Schwangerschaft. Zur Geburt war Jörn leider nicht da, denn er war beruflich noch unterwegs und konnte dort nicht weg. Eigentlich sollte die Geburt auch eingeleitet werden, da es eine Rhesus Inkompatibilität gab (Anmerkung der Redaktion: Blutgruppenunverträglichkeit zwischen der Mutter und ihrem ungeborenen Kind). Mathilda sollte nicht so schwer und groß werden, daher gab es einen Kaiserschnitt-Termin. Aber Mathilda hatte einen anderen Plan und hat sich schon ein paar Tage eher auf den Weg gemacht.

An dem Tag war ich zu Hause und habe schon gespürt, dass es bald losgeht. Meine Eltern haben mich dann in das Krankenhaus gefahren, aber die Hebammen stellten fest, dass der Muttermund erst zwei Zentimeter geöffnet war. Ich wollte dann nicht in der Klinik bleiben, denn ich hatte noch gar nichts dabei und bin dann nach Hause gelaufen. Zu Hause wurden die Wehen dann doch wieder stärker und ich bin mit dem Fahrrad (und der Kliniktasche) zurück in das Krankenhaus gefahren. 45 Minuten später war Mathilda dann schon auf der Welt. Die Ärzte, Schwestern und Hebammen haben sofort festgestellt, dass sie zwei Fehlbildungen hatte. Das hat man vorher beim Ultraschall nicht gesehen. Das war ein großer Schock für mich und da hätte ich Jörn schon ganz dringend an meiner Seite gebraucht.

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Was genau hat eure Tochter?

Maren: Sie hat ein Amniotisches-Band-Syndrom (Anm.d.R.: Das sind angeborene Fehlbildungen, die während der Schwangerschaft entstehen, wenn stark klebende fibröse Bänder (Schnürringe) Körperteile (Arme, Beine, Zehen oder Finger) des ungeborenen Kindes abschnüren und diese sich damit nicht normal entwickeln können). Ihr fehlen an der rechten Hand ein paar Finger und sie hat einen Klumpfuß. Ihr Fuß war nach innen verdreht, sie musste für die ersten zwölf Wochen einen Gips tragen, der wöchentlich gewechselt wurde. Nach sechs Wochen wurde sie das erste Mal an der Achillessehne operiert. Nach der Gipszeit bekam sie eine besondere Schiene, die sie nachts für vier Jahre tragen musste.

Wir mussten in den ersten Monaten sehr oft ins Krankenhaus. Ihre Hand musste im ersten Jahr ebenfalls zweimal operiert werden. Aber Mathilda war ein tiefenentspanntes Baby und hat sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen lassen. Jörn war aufgrund seiner Arbeit ja weiterhin viel unterwegs und da mussten dann meine Eltern öfter auf Johan aufpassen.

Bist du froh, dass du in der Schwangerschaft nichts davon wusstest?

Maren: Ja, mittlerweile schon. Die Sorgen und Gedanken hätten mir sicherlich ein bisschen die Schwangerschaft kaputt gemacht. Ich hätte zwar nichts ändern können, aber so wurde ich kurz nach der Geburt ins kalte Wasser geworfen.

Puh! Du hattest ein anstrengendes Kleinkind und ein Baby zu Hause, dein Mann war beruflich viel unterwegs und zusätzlich belasteten dich sicherlich auch viele Sorgen um die Gesundheit deiner Tochter. Wie hast du das durchgehalten?

Maren: Ich glaube, alle Mamis bekommen mit der Geburt nicht nur ein Kind sondern auch unerklärliche Powerkräfte. 🙂 Ich bin Gott sei dank von Natur aus ein belastbarer Mensch und meine auch sagen zu können, dass ich eine gute Resilienz besitze. Ich bin auch kein Mensch, der alles zerdenkt und analysiert. Natürlich beschäftigte mich die Gesundheit meiner Tochter. Doch Dinge passieren halt. Mein Kind wirkte sehr glücklich. Also habe ich aufgehört, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, warum es unbedingt uns treffen musste.

Lief ein Tag mal völlig katastrophal, weinte ich abends auch mal. Aber nach einem Sturm kommt ja bekanntlich die Sonne. Ich probierte, meinen Fokus darauf zu legen, wie ich schwierige und stressige Situation in Zukunft besser bewältigen könnte, als die Male zuvor, in denen es nicht gut lief. Es erleichtert das Muttersein ungemein, sich auf die guten Dinge zu fokussieren, auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, denn ständig schreit ja jemand.

Beide Kinder hatten ähnliche Bedürfnisse, der Spagat diesbezüglich war nicht alt zu groß. Aber ja wenn man allein ist, rennt man auch hin und wieder mit einem Kind an der Brust dem anderen Kind hinterher, auch auf Spielplätzen. 🙂 Das sind zum Beispiel die Momente, über die man einfach nicht nachdenken sollte. Man tut es einfach, weil es gerade einfach nicht anders geht.

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Und wie geht es Mathilda heute?

Maren: So langsam kommt sie ein Bewusstsein dafür. Vorher war ihre Hand nie ein Thema bei ihr. Sie macht jetzt alles mit links, aber man merkt keinen Unterschied. Sie kann Fahrrad fahren, Bälle fangen und basteln. Vor Kurzem hat sie beim Abendbrot gesagt: “Blöde kurze Hand!”, da wohl einige Kinder in der Kita danach gefragt haben. Und als ich sie gefragt habe, was sie dann antwortet, meinte sie: “Die Natur so gemacht!”.

Jörn: Ich sage immer, wenn sie nur halb so viel Selbstbewusstsein hat, wie ihre Mama, dann kommt sie damit gut klar!

Wie erzieht ihr eure beiden Kinder?

Jörn: Wenn man eine Freundin hat, die Erzieherin ist, dann ist das wirklich nicht so einfach. (lacht) Aber ich habe einfach auch eine ganz andere Belastungsgrenze.

Maren: Oh Gott, da geht unsere Meinung wirklich weit auseinander. Wir haben beide sehr unterschiedliche Erziehungen genossen. Meine Eltern haben mich relativ frei und entspannt erzogen. Zwischen Jörn und mir liegt ja auch ein gewisser Altersabstand und ich denke schon, dass das auch einen Unterschied macht. Für Jörn ist es aber auch nicht so einfach, da ich die Hauptbezugsperson bin. Die Kinder sind einfach viel stärker an mich gebunden.

Leider mische ich mich auch ganz oft ein, wenn Jörn mit den Kindern zugange ist. Und das ist natürlich überhaupt nicht gut. Vor den Kindern müssten wir eigentlich immer einer Meinung sein, aber das schaffen wir noch nicht. Die Kinder merken dann auch schnell die Spannungen zwischen uns. Und Johan ist dafür sehr anfällig und reagiert darauf sofort.

Durch meinen Job als Erzieherin kann ich zum Beispiel viel mehr Lautstärke vertragen. Wenn die Kinder lauter sind, stört mich das gar nicht. Und wenn Jörn sagt, dass es zu laut ist, sage ich, dass es doch gar nicht so schlimm ist. Dadurch, dass Jörn immer wieder für längere Zeit unterwegs ist, ist das alles auch nicht so einfach. Für keinen von uns. Denn wenn er nicht da ist, haben wir drei eine Struktur und die verändert sich natürlich sofort, sobald Jörn wieder da ist. Jeder nimmt dann wieder eine andere Rolle ein.

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Und was ist dir bei der Erziehung dann wichtig, Maren?

Maren: Grundsätzliche Dinge, wie “Danke” und “Bitte” sind mir natürlich auch wichtig, aber ich sage es nicht direkt, sondern lasse es mit einfließen. Ich frage meine Kinder beispielsweise nicht: “Und was sagt man da?”. Aber ich bin auch nicht anti-autoritär, sondern würde es als bedürfnisorientierte Erziehung bezeichnen. Bedürfnisorientiert heißt für mich aber auch, dass ich auch auf meine eigenene Bedürfnisse achte. Im November war ich zum Beispiel für eine Woche mit einer Freundin im Urlaub.

Jörn: Mir sind “Bitte” und “Danke” meiner Kinder schon wichtig und ich weise sie darauf auch jedes Mal hin. Diese Wertschätzung beim Miteinander gehört für mich einfach dazu!

Nehmt ihr euch denn bewusst auch öfter Auszeiten?

Maren: Ja, ich schnappe mir den Hund, höre Musik und gehe joggen. Wenn ich die Kinder in die Kita gebracht habe, nehme ich mir vor meiner Arbeit auch nochmal bewusst Zeit für mich. Am Wochenende gehe ich auch gern mal mit meinen Mädels weg. Das brauche ich sehr! Außerdem ist es für uns dann auch viel einfacher, wenn Jörn allein mit den Kindern ist.

Jörn: Ich habe ja genug Auszeiten, wenn ich unterwegs bin. Da kann ich abends weggehen oder das machen, was mir gut tut. Wenn ich bei meiner Familie bin, dann will ich auch die komplette Zeit mit ihnen verbringen.

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Jörn, würdest du gern in Potsdam oder dem Umland arbeiten?

Ja, wenn es eine gute berufliche Alternative geben würde, dann sofort. Es ist für mich natürlich auch nicht einfach, oft so weit weg zu sein. Ich genieße die Zeit mit meiner Familie dann immer sehr, wenn ich zu Hause bin.

Wollt ihr denn gern noch mehr Kinder haben?

Maren: Ich wollte eigentlich immer drei Kinder, aber in Anbetracht der aktuellen Weltlage, wird es wohl doch bei zwei Kindern bleiben. Und ich glaube auch, dass wir mit unseren zwei Kindern ganz gut ausgestattet sind.

Jörn: Nein, ich fühle mich auch komplett. Sollte Maren aber trotzdem unerwartet schwanger werden, so wie bei Mathilda, dann würden wir uns natürlich für das Baby entscheiden.

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Wenn ihr beide zu Hause seid: Wie teilt ihr euch die Care-Arbeit und den Haushalt auf?

Jörn: 50:50. Und das ist für mich aber auch selbstverständlich.

Maren: Ja, absolut. Jörn ist ein Allround-Talent. Er hat beim Basteln manchmal viel bessere Ideen als ich.

Jörn: Mein Tipp an alle Väter: Pinterest. Da gibt man zum Beispiel Kindergeburtstag ein und bekommt 1.000 Ideen. Es ist wirklich der Wahnsinn.

Wo trifft man euch in Potsdam im Frühling und Sommer am häufigsten?

Maren: Im Frühling fahren wir super gern durch den Volkspark und machen halt an den zahlreichen Spielplätzen. Die meiste Zeit findet man uns aber in unserem Garten und den umliegenden Wäldern. Im Hochsommer fahren wir zum Baden an den Sacrower See. Zum Eis essen gehen wir immer sehr gern zu „FridasEis“ im Holländischen Viertel.

Und was ist für euch das Schönste am Kinderhaben?

Jörn: Die Ehrlichkeit der Kinder im Handeln und Denken. Einfach das Grundvertrauen in uns als Eltern.

Maren: Sie wachsen zu sehen. Mit ihnen zu lachen und noch mehr zu lachen und ihnen eine unvergessliche Kindheit zu schenken, aus der sie später Kraft tanken können.

Und das Schwierigste?

Jörn: Das Berufliche und Private in Einklang zu bringen. Das Fern sein von der Familie und trotzdem am Alltag meiner Familie teilzunehmen.

Maren: Alles unter einen Hut zu bekommen und damit zufrieden zu sein. Meine Arbeit mit fremden Kindern gut zu machen und gleichzeitig noch die Kraft und Gelassenheit für meinen eigenen Kindern zu haben. Und aucg wirkliche Paarzeit in den Alltag einzubauen.

Liebe Maren, lieber Jörn, vielen Dank, dass wir euch zu Hause besuchen konnten und alles Liebe euch 4!

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