Unser heutiger Elternrat von Schulpsychologin und Tiefenpsychologischen Kinder- und Jugendtherapeutin i.A Lisa Wunderlich dreht sich um das Thema Mobbing in der Schule.und folgende Frage:
„Unsere achtjährige Tochter war immer eine gute Schülerin, nun sind in letzter Zeit ihre Noten schlechter geworden. Sie klagt morgens über Bauchschmerzen oder findet andere Gründe, um zu Hause bleiben zu können und bringt auch keine Schulfreundinnen mehr mit, möchte die Schule am liebsten ganz wechseln. Sie erzählt leider nicht viel – könnte es sein, dass sie in der Schule gemobbt wird? Was fällt genau unter Mobbing und was können wir als Eltern tun?”
Eine Gewalt, vor der keine Klasse gefeit ist
In unseren Schulen, auf dem Pausenhof, dem Klassenzimmer, den Turnhallen und auf dem Nachhauseweg – überall kann uns Mobbing begegnen. In jeder Beziehung. Ob zwischen Schüler:innen untereinander und/oder zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen. In jedem Falle zeichnet sich das Phänomen aus durch:
Macht und Aufwertung auf Täterebene, sowie Ohnmacht und Abwertung auf Opferebene.
Streiten und Meinungsverschiedenheiten sind normal, … oder? Ab wann aber nicht mehr? Wann kippt die Normalität eines Konflikts, sodass man von „Mobbing” spricht?
Mobbing ist dauerhaft. Mobbing ist wiederholendes Attackieren. Mobbing ist feindselig und vorsätzlich. Mobbing ist systematisch und asymmetrisch. Mobbing ist direkt und aktiv. Mobbing ist indirekt und passiv. Mobbing spaltet Täter und Opfer. Mobbing provoziert Vereinsamung. Mobbing ist gewalttätig und gesundheitsgefährdend.
Auf Schülerebene sind die Folgen weitreichend. Der oder die Gemobbte verliert an Selbstvertrauen, kann schulische Misserfolge erleben und eine Lernunlust entwickeln. Schlussendlich wird er oder sie in der eigenen Menschenwürde angegriffen und kann physische, sowie insbesondere psychische gesundheitliche Schäden davontragen. Durch die zunehmende gruppendynamische Ausgrenzung erlebt das Mobbingopfer massiven körperlichen Stress (erhöhter Adrenalinausstoß, dadurch: Appetitverlust, Konzentrationsstörungen und Blackout, erhöhte Herzfrequenz, sowie Störungen des vegetativen Nervensystems) und auf psychischer Ebene durch die zunehmende soziale Vereinsamung vor allem Depressions- und Angstsymptomatiken.
Mobbing ist wie ein Lauffeuer.
Typisch im Grundschulalter ist, dass ein Kind ein Verhalten als ungerecht erlebt. Um sich selbst zu wehren und Einfluss zu nehmen, reagiert es auf die Attacke mit einem „Gegenangriff”. Der Konflikt bleibt unbearbeitet und eine Disharmonie entsteht, es bilden sich mehr oder weniger unbewusst unterschiedliche Lager. Je unausgewogener, sprich bspw. die ganze Klasse gegen einen Schüler gerichtet, desto gefährlicher für die Einzelperson als Opfer und desto weniger Schuldbewusstsein für die Einzelperson als Täter. Meist bildet sich gruppendynamisch ein Konstrukt aus Anführer und Anhängern, die diesem aus Angst, selbst Opfer zu werden und ihrem Wunsch nach Zugehörigkeit, folgen.
Durch zunehmenden Druck, sich selbst zu retten, gerät das Opfer in ein immer größer werdendes Spannungsfeld und wird durch sein Aufbegehren und Lauterwerden immer mehr zum Angriff herausgefordert. Es ist kaum noch möglich, aus diesem chronischen Gewaltszenario auszubrechen. Jeder Fehltritt wird bemerkt und ausgeschlachtet und auf die Unzulänglichkeit des anderen bezogen, bis es das Mobbingopfer selbst verinnerlicht, „anders” oder „fehl am Platz” zu sein., bis zu einer völligen Isolation mit den eigenen Gefühlen und mit sich selbst.
SOS!
In jedem Falle sollte das Thema Mobbing mit Kindern besprochen werden, um sie selbst dafür zu sensibilisieren, wo Grenzen überschritten werden. Lehrer:innen sollten ihre Schüler:innen schützen, indem sie Mobbingdynamiken und Gewaltphänomene ganz aufmerksam beobachten und ggf. Hilfe durch externe Mobbing- und Gewaltpräventionsprogramme, mit Initiative der Schulleitung, in der Schule anbieten.
Unablässig ist dabei die Zusammenarbeit mit euch als Eltern, sodass sich euer Kind in seinem Leid gesehen und begleitet fühlt. Anlaufstellen bieten z.B. Schulsozialpädagog:innen, das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg, Präventionsbeauftragte der Polizei oder des Jugendamts sowie schulpsychologische Berater:innen der einzelnen Schulämter.
Achtet genau auf euer Kind
Wenn euer Kind zu Hause abwesend und belastet wirkt, sich der Schule verweigert oder somatische Beschwerden angibt, besteht die Möglichkeit, dass es selbst die Erfahrung macht, in der Schule Opfer von Mobbing geworden zu sein und mit entsprechender Symptomatik hilflos versucht, Kontakt herzustellen.
Sucht das Gespräch und seid diejenigen, die es eben nicht alleine lassen, so wie alle anderen. Schafft eine Atmosphäre von Geborgenheit und Vertrauen und ermutigt euer Kind, sich euch anzuvertrauen. Sucht dann das Gespräch mit der Lehrkraft als Brücke zum Klassenverband. Wendet euch ggf. an die genannten Anlaufstellen. Manchmal lässt sich das Mobbing durch Aufklärung und Gespräche mit allen Beteiligten auflösen, bei sehr verfahrenen und bedrohlichen Situationen hilft in seltenen Fällen tatsächlich nur noch der Wechsel des Umfeldes.
Die häufigsten Handlungen bei Mobbing (Quelle: Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM):
- Hinter dem Rücken sprechen
- Gerüchte und Lügen
- Schimpfworte und Spitznamen
- Lächerlich machen, Nachäffen
- Abwertende Blicke, Gesten
- Für dumm erklären
- Nicht zu Wort kommen lassen
- Ausgrenzung aus der Klassengemeinschaft
- Wegnehmen, Verstecken, Beschädigen von Schulmaterial und/oder Kleidung
- Ungerechtfertigte Beschuldigungen
- Knuffen, Schlagen
Wir hoffen, diese Tipps waren hilfreich für euch! Hier findet ihr weitere Fragen und Eltern-Themen rund um das Leben mit Kindern:
- Elternrat: Kinder bei Ängsten begleiten
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