Den Wunsch danach, das Hamsterrad des Alltags aufzubrechen, nach Erholung und Entschleunigung kann vermutlich jede Mama bzw. jeder Papa nachempfinden. Eine Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur ist eine gute Möglichkeit, um dem Alltag für eine gewisse Zeit zu entfliehen und wieder neue Kraft zu tanken, aber sie ist kein Garant dafür, dass man das Gesuchte auch wirklich findet. Vor allem mit einem Kleinkind kann es mitunter herausfordernd sein, abzuschalten und sich zu entspannen. Dennoch haben meine zweijährige Tochter und ich den Spagat gemeistert und eine erholsame Kurzeit in Grömitz verbracht. Wie uns das gelungen ist, teile ich gerne in meinen persönlichen Tipps.
Meine Tipps für eure Mutter-Kind-Kur
Das Erste, was ich sehe, als wir auf den Parkplatz gegenüber der Kurklinik ankommen, ist ein großes Banner mit der Aufschrift „500 Stunden für mich, dich und uns“. Genau deshalb sind wir hier: Ich brauche eine Verschnaufpause und einen Tapetenwechsel, Zeit für mich und Zeit für schöne Momente mit meiner Tochter, die im Alltag oft zu kurz kommen, ohne dass mich dabei der Abwasch und die Schmutzwäsche abends auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
500 Stunden für mich, dich und uns
Es war viel los im letzten Jahr: eine Trennung, ein Umzug und die damit verbundene Suche nach einer geeigneten Wohnung, eine nervenaufreibende Jobsuche, die Suche nach einem freien Kitaplatz mit anschließender Eingewöhnung und nicht zuletzt eine lange Phase des Krankseins im ersten Kitawinter. Plötzlich alleine für alles verantwortlich zu sein, den Bedürfnissen des Kindes und den eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden und nebenbei die Eingewöhnung in Kita und den neuen Job zu jonglieren, hat viel Kraft gekostet, sodass die Akkus leer waren und ich ausgebrannt. Eine gemeinsame Kur schien mir daher die perfekte Möglichkeit zu sein, um unsere Batterien mit Strand, Meer und ganz viel Zeit zusammen wieder aufzuladen.
In Ruhe ankommen
Wer mit der Vorstellung bei der Mutter-Kind-Kur anreist, dass die Entspannung schlagartig mit dem Ankommen beginnt, wird in der Realität schnell feststellen, dass das so nicht funktioniert. Es ist viel los am Anreisetag, alles ist neu und noch ungewohnt. So aufregend die neue Umgebung für die Kleinen auch sein mag, – schließlich gibt es viel zu entdecken – in erster Linie ist sie zunächst einmal fremd.
Die Einschlafbegleitung in den ersten Tagen dauert gefühlte Ewigkeiten und der erste Besuch in der Kinderbetreuung einen Tag nach der Anreise löst auch keine Begeisterungsstürme aus. Die kleine Maus klammert sich an mir fest und ruft unter Krokodilstränen „Mama, Mama!“. Neben mir erklärt eine andere Mutter ihrem gleichaltrigen Kind, dass es da jetzt eben durchmüsse, weil Mama dringend Entspannung und Erholung braucht. Auch hier wird sich weinend an Mama festgeklammert und ich frage mich, wie ich mich entspannen soll, wenn mein Kind sich hier partout nicht entspannen kann?
Die Betreuerin scheint meinen Blick richtig zu deuten und sagt aufmunternd zu mir: „Geben Sie Ihrer Kleinen ein bisschen Zeit. Die ersten Tage sind immer turbulent und anstrengend für Groß und Klein. Aber Sie werden sehen, in der nächsten Woche wird es Ihnen beiden schon viel leichter fallen“. Das beruhigt mich, auch wenn ich nach dem ersten Abgeben bereits nach weniger als zehn Minuten wieder angerufen werde und meine Tochter abholen muss.
Dennoch starten wir am nächsten Tag wieder einen Versuch, ich bleibe vor der Trennung noch eine halbe Stunde bei ihr, damit sie sich mit mir an die Umgebung gewöhnen kann. Die zweite Trennung klappt schon viel besser und die Kleine lässt sich eine halbe Stunde betreuen. Anschließend spielen wir wieder ein paar Minuten gemeinsam in der neuen Umgebung, die nun gar nicht mehr so fremd ist. Ich kann mit einem Kleinkind nicht erwarten, dass ich mich sofort meiner eigenen Entspannung zuwenden kann, und so ist es auch von der Kurklinik nicht vorgesehen: Die ersten drei Tage der Mutter-Kind-Kur sind zum Ankommen und Kennenlernen. Es finden Aufnahmegespräche statt und die Therapiepläne werden in Absprache erstellt, dann ist erst einmal Wochenende und Zeit, um Luft zu holen, bevor das volle Programm mit der neuen Woche startet.
Weniger ist mehr
Das Angebot der Klinik ist vielfältig: Von acht bis 18 Uhr finden diverse Einheiten statt, zu denen man sich nach Belieben anmelden kann. Einiges ist in Absprache mit den Ärzten bereits in meinem Therapieplan vorgesehen und gehört gewissermaßen zum Pflichtprogramm: ein Vortrag zum Thema Stressbewältigung und ein Mindestmaß an sportlichen Aktivitäten.
Der Rest kann jederzeit geändert und den eigenen Bedürfnissen angepasst werden: Während mir das Nordic Walking wenig Freude bereitet hat, konnte ich mich beim Fitness so richtig auspowern. In der Terminierung kann ich mein Programm anpassen und freue mich auf die Einheiten. Neben sportlichen Angeboten wie Fitness, Pilates, Zumba und Bodyweight Beach Yoga habe ich mich auch für die Maltherapie angemeldet, denn Kreativität kommt im Alltag ebenfalls oft zu kurz.
Alle Angebote habe ich bewusst ausgewählt und täglich nicht mehr als zwei bis drei Termine wahrgenommen, die jeweils nur auf den Vormittag fielen. Auf diese Weise konnte ich den Mittagsschlaf koordinieren, ohne dass ich unter Zeitdruck aufgrund von Anschlussterminen geraten bin. Den Nachmittag habe ich zudem bewusst für gemeinsame Zeit mit meiner Tochter freigehalten. Durch die viele Exklusivzeit konnte meine Tochter die Betreuung am Vormittag viel besser annehmen und wusste stets, dass ich nach zwei bis drei Stunden immer wiederkomme.
Termine um acht Uhr habe ich ebenfalls schnell aus meinem Plan gestrichen. Das hätten wir morgens nicht ohne Stress und Abhetzen geschafft. Auch Termine zur Mittagszeit oder am Nachmittag habe ich nicht wahrgenommen, sondern stattdessen meine drei Stunden für mich am Vormittag besonders intensiv genossen. Letztlich hat sich diese Strategie bezahlt gemacht: Aus den besuchten Angeboten konnte ich viele Impulse für mich mitnehmen, ohne dabei in Termindruck zu geraten. Meine gewonnene Entspannung hat sich auf meine Tochter übertragen und wir konnten nachmittags tiefenentspannt am Strand buddeln und planschen, ohne ein großartiges Freizeitprogramm zu gestalten. Am Strand und am Meer gab es für die Kleine genug zu entdecken, sodass auch hier „weniger ist mehr“ galt.
Balance der Bedürfnisse
Nicht nur für mich war das letzte Jahr aufregend und anstrengend, auch meine Tochter musste viele Dinge verarbeiten. Die Verschnaufpause während der Mutter-Kind-Kur hat sie sich also genauso verdient wie ich. Damit wäre es in meinen Augen unfair gewesen, sie vormittags und nachmittags für mehrere Stunden in der Betreuung zu „parken“, damit ich mich erholen kann.
Sie ist mit ihren zwei Jahren noch recht klein und kann nur bedingt verstehen, was es bedeutet, wenn ich ihr sage, dass Mama eine kleine Pause braucht. Daher ist es für mich wichtig, dass ich auch ihre Bedürfnisse wahrnehme und zufriedenstelle. Sie braucht eben noch ganz viel Mamazeit und das ist in Ordnung. Ich bin ihr sicherer Hafen, an meiner Seite kann sie wachsen und sich ausruhen, wenn sie eine Pause braucht. Daher entscheiden wir nachmittags zusammen bzw. meine Tochter, was uns guttut. Somit kommt jede von uns auf ihre Kosten und wir können uns gemeinsam erholen.
Rückzugsorte schaffen
Eine Kurklinik ist nicht per se ein Ort der Entspannung. Zahlreiche Mütter und Väter sind mit ihren Kindern hier, um sich zu erholen. Dabei geht es in den gemeinschaftlich genutzten Räumen selten entspannt zu, was insbesondere auf die Zeit im Speisesaal zutrifft. Meine Tochter sitzt staunend in ihrem Hochstuhl und beobachtet alles sehr genau. Schon nach wenigen Tagen stelle ich fest, dass sie sitt und satt von den vielen neuen Eindrücken und Menschen ist.
Das wirkt sich unter anderem auf das Einschlafen auf, bei dem sie viel Nähe einfordert, um das Erlebte zu verarbeiten. Daher verlagern wir das Frühstück und das Abendessen von nun an regelmäßig auf unser Zimmer oder nutzen abends das schöne Wetter aus, um Fish & Chips mit Meerblick zu genießen. Auf diese Weise entstehen Rückzugsorte für uns zwei, unabhängig vom Gewusel im Speisesaal. So klappen der Start in den Tag sowie das abendliche Einschlafen für uns viel besser, weil wir es entspannt und in unserem Tempo angehen lassen können. Außerdem sind wir zeitlich etwas flexibler und müssen uns nicht an die festen Essenszeiten halten.
Wiedereinstieg in den Alltag
Seit der Geburt meiner Tochter war ich vermutlich noch nie so entspannt, erholt und vor allem ausgeschlafen wie während der Kur bzw. unmittelbar danach. Als wir zu Hause wieder in unseren Kita- und Arbeitsalltag starten, sind schnell die alten Gewohnheiten wieder da, die aus Erfahrung langfristig die gerade wieder voll aufgeladenen Akkus aufbrauchen.
Daher ist auch die erste Woche zu Hause turbulent: wir müssen uns beide erst wieder an unsere Umgebung gewöhnen und die vielen Eindrücken sacken lassen. Ich muss neue Strukturen schaffen, die zumindest teilweise auch meine Tochter betreffen und somit etwas Zeit brauchen, bis ich sie wie gewünscht umsetzen kann.
Das Wichtigste dabei ist meine persönliche Reflexion: Ich weiß jetzt, was mir auf Dauer nicht guttut und was mir stattdessen Kraft gibt. Eine weitere wichtige Erkenntnis, die ich von der Kur mitgenommen habe, ist, dass ich mir regelmäßige Auszeiten für mich schaffen muss – sowohl im Alltag selbst als auch mal für ein verlängertes Wochenende – um genug Kraft für die Bewältigung aller Aufgaben zu haben.
Dabei habe ich auch gelernt, dass es völlig in Ordnung ist, auch einmal einen Abend nichts zu machen, auch wenn sie die Wäsche stapelt oder andere Dinge im Haushalt rufen – sie warten auch am nächsten oder übernächsten Tag auf mich. Die neuen Freiräume müssen erst ihrem Platz im Familienkalender finden und es wird sicher immer mal wieder Wochen geben, in denen sie sich weniger gut umsetzen lassen. Wichtig ist nur, dass die Durststrecke nicht zu lang wird. Insgesamt bin ich jedoch positiver Dinge, dass wir von nun an Einiges anders machen und vor allem entspannter angehen lassen werden.
Mein persönliches Fazit zur Mutter-Kind-Kur mit Kleinkind
Die Mutter-Kind-Kur tat uns beiden unglaublich gut und kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Alle Baustellen des letzten Jahres waren abgearbeitet und wir konnten in diesem Jahr ein neues Kapitel öffnen. Die Zeit in der Kurklinik in Grömitz hat es uns ermöglicht, dass wir alle Strapazen hinter uns lassen konnten, uns einmal so richtig erholen und die Seele baumeln lassen konnten und gleichzeitig viele Impulse für unseren Alltag mitnehmen konnten. Die Zeit war für meine Tochter und mich gleichermaßen entspannend und hat sich somit absolut gelohnt.
Eine Kur kann also auch mit einem Kleinkind schon sehr gut funktionieren, wenn man sich darauf einlassen kann. Dass dabei nicht immer alles glatt läuft und man auch während der Kur mal etwas kränkelt, lässt sich vorab nicht planen. Dennoch gibt es während dieser Zeit viele Angebote und Gelegenheiten, die man für sich, fürs Kind und gemeinsam nutzen kann.
Ihr habt auch Interesse an einer Mutter-Kind-Kurz bzw. Vater-Kind-Kur? Ich kann es euch sehr empfehlen und habe für euch alles Wichtige zusammengestellt:
Die wichtigsten Infos zur Mutter-Kind-Kur im Überblick
Wer hat Anspruch auf eine Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur?
Grundsätzlich können alle Mütter und Väter – egal ob Student:in, Arbeitnehmer:in oder nicht Berufstätige – alle vier Jahre eine Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur beantragen. Die Länge der Mutter-Kind-Kur beträgt drei Wochen (plus Anreisetag). Vorausgesetzt ist eine Belastungssituation, die sich jedoch häufig aus der Doppelbelastung von Familie und Beruf ergibt. Im Fall von chronischen Erkrankungen und Behinderungen sind Mutter- bzw. Vater-Kind-Kuren sogar alle zwei Jahre möglich.
Wie beantrage ich eine Mutter-Kind-Kur / Vater-Kind-Kur?
In der Regel führt der erste Weg in die Hausarztpraxis. Die Ärzt:innen füllen die entsprechende Verordnung aus, die an die Krankenkasse geschickt wird. Der Kurantrag muss von der Krankenkasse bewilligt werden. Die Kurklinik, in der die Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur stattfinden soll, kann dabei selbst gewählt werden, sofern die Klinik über freie Kapazitäten verfügt. Eine Übersichtsliste der Kliniken war bei mir in der Post von der Krankenkasse mit dabei.
Wie hoch sind die Kosten für eine Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur?
In der Regel beträgt der Eigenanteil zehn Euro pro Tag, sodass in Summe eine Zuzahlung von 220 Euro für die gesamte Kur anfällt. Den Rest übernimmt die Krankenkasse. Bei einem geringen Einkommen besteht die Möglichkeit, dass der Betrag geringer ausfällt und nur der Sozialbeitrag in Höhe von 60 Euro gezahlt werden muss. Der Antrag hierfür kann bei der Krankenkasse gestellt werden – auch nach abgeschlossener Kur noch.
Wird das Gehalt während der Kur weitergezahlt?
Eine Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur gilt als Vorsorge- bzw. Rehabilitationsmaßnahme und nicht als Krankheit. Daher übernimmt der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung während dieser Zeit wie gewohnt. Sollten hier seitens der Arbeitgeber Rückfragen bestehen, können die Krankenkassen eine entsprechende Bescheinigung ausfüllen, die die Lohnfortzahlung bestätigt. Dabei ist es wichtig, den Arbeitgeber nach der Bewilligung der Kur über den entsprechenden Zeitraum zu informieren.
Können auch Selbstständige eine Mutter-Kind-Kur beantragen?
Auch Selbstständige können eine Kur- bzw. Rehabilitationsmaßnahme beantragen. Allerdings hängt die Kostenübernahme vom Versicherungsstatus ab. Private Krankenversicherungen unterscheiden sich in ihren Leistungen voneinander und nicht alle übernehmen die Kosten für eine Kur. Eine andere Möglichkeit der Kostenübernahme besteht über die Rentenversicherung.
Unter bestimmten Voraussetzungen zahlt die Rentenversicherung während der Kur 80 Prozent des durchschnittlichen Monatseinkommens des vergangenen Kalenderjahres. Insgesamt ist die Beantragung einer Mutter- bzw. Vater-Kind-Kur für Selbstständige mit größerem Aufwand verbunden. Daher empfiehlt es sich, eine kostenlose Kurberatung, u.a. bei der Arbeiterwohlfahrt oder der Caritas, in Anspruch zu nehmen, um die Möglichkeiten individuell zu besprechen.
Alle weiteren Fragen rund um das Thema Mutter- bzw. Vater-Kind Kur können Kurberatungsangebote fachgerecht beantworten, zum Beispiel:
Ihr wollt noch mehr Erfahrungsberichte anderer Mütter zur Mutter-Kind-Kur? Klickt auf den Link für ein Interview mit Sandra und Nina.
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