Ursprünglich ist das Wort Hebamme abgeleitet vom Begriff Hev(i)anna, was so viel bedeutet wie Großmutter, die das Kind vom Boden aufhebt und in die Familie aufnimmt. Später halfen ältere Nachbarinnen, die selbst schon geboren hatten, den jüngeren Frauen durch die Geburt. Die Geburtshilfe ist so alt wie die Menschheit selbst. Anfangs war sie eine solidarische Hilfe von Frauen für Frauen. Erst seit dem Mittelalter gibt es den Beruf der Hebamme. Heute sind Hebammen hochqualifizierte Fachkräfte und die Expert:innen auf dem Gebiet rund um die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett.
Ist der Beruf der Hebamme ursprünglich von Frauen ausgeführt worden, so gibt es heute auch immer mehr männliche Hebammen (2023 waren es in Deutschland 22). Seit dem Gesetz zur Reform der Hebammenausbildung zum 1. Januar 2020 gilt die Berufsbezeichnung Hebamme für alle Berufsangehörigen (w/m/d). Im Gesetzentwurf wurde es damit begründet, dass der Name Entbindungspfleger (welcher vorher für männliche Hebammen genutzt wurde) irreführend sei. Die Entbindungspflege umfasse nur einen Teil der Hebammentätigkeit. Daher erweckt die männliche Berufsbezeichnung den Eindruck, dass männliche Hebammen ihren weiblichen Kolleginnen nicht gleichrangig gegenüber stehen.
Wie arbeitet eine Hebamme?
Es gibt viele unterschiedliche Arbeitsweisen, welche individuell kombiniert und immer wieder auf die jeweilige Lebenssituation der Hebamme persönlich angepasst werden können.
Angestellte Hebammen: Angestellte Hebammen arbeiten meist im Dreischichtsystem in Kliniken, was unter Umständen zu einem Wechsel der betreuenden Hebamme während der Geburt führt. Eine 1:1 Betreuung der Gebärenden ist oft nicht möglich. Eher 3:1, je nach Geburtenzahl und Personalschlüssel. Einsatzgebiete sind der Kreißsaal, die Schwangerenstation und die Wochenbettstation. Alternativ zu einer Anstellung im Krankenhaus besteht auch die Möglichkeit, in einem Geburtshaus als angestellte Hebamme zu arbeiten. Hier liegt der Fokus nicht nur auf der Geburt des Kindes, sondern auch auf der Betreuung nach der Geburt und im Wochenbett. Die Vergütung der Hebammen wird im Tarifvertrag geregelt, dieser variiert je nach Träger und entspricht in etwa dem einer Gesundheitspflegekraft. Des Weiteren können Hebammen auch in einer gynäkologischen Praxis angestellt sein oder in einer Kinderarztpraxis.
Freiberufliche Hebamme: Als freiberufliche Hebamme sind wir selbständig im Bereich der klinischen oder außerklinischen Geburtshilfe tätig. Dazu zählen Hausgeburten, Geburtshausgeburten oder auch Geburten im Belegsystem. Hier unterscheiden wir nochmal in Dienst-Beleghebammen und Begleit-Beleghebammen. Die Dienst-Beleghebamme ist nicht angestellt in der Klinik und rechnet selbst auf Grundlage der Hebammengebührenverordnung mit den Krankenkassen ab. Sie arbeitet in einem Pool von Hebammen, welche sich mit einem Dienstplan im Zwei- oder Dreischichtsystem selbst organisieren. Hier ist, vertraglich mit den Krankenkassen geregelt, eine 1:1, maximal eine 2:1 Betreuung gewährleistet.
Die Begleit-Beleghebamme wird, am besten frühzeitig, in der Schwangerschaft angefragt und begleitet „ihre“ Frauen zur Geburt in die Klinik, in welcher die Hebamme einen Beleghebammenvertrag abgeschlossen hat. Sie ist in der Regel ab 37/0 bis 42/0 SSW, 24 Stunden am Tag, rufbereit und erhält dafür von den werdenden Familien eine Rufbereitschaftspauschale (aktuell sind das hier in der Region ca. 700-900 €), welche mitunter anteilig (max. 250 €) von den Krankenkassen übernommen wird. Die Familien werden dann 1:1 von der Hebamme zur Geburt betreut. Genauso wie Hausgeburtshebammen oder Hebammen, welche im Geburtshaus die werdenden Familien unter der Geburt betreuen.
Leider bieten immer weniger Hebammen in Deutschland Geburtshilfe auf freiberuflicher Basis an, da die Berufshaftpflichtversicherung für Geburtshilfe mittlerweile bei 12.600 € im Jahr liegt und perspektivisch regelmäßig weiter ansteigen wird. Demgegenüber steht der niedrige Verdienst, welcher über die Hebammengebührenverordnung seit 2017 nicht angepasst wurde. Bei einer Geburt im Krankenhaus verdient die Dienst-Beleghebamme 165,50 € brutto, darin enthalten ist die Betreuung der Frau eine Stunde vor der Geburt und die Überwachung bis zu drei Stunden nach der Geburt.
Was kann eine Hebamme für euch tun?
Viel häufiger als in der Geburtshilfe sind wir freiberuflich im Bereich der Schwangerenvorsorge gemäß den Mutterschaftsrichtlinien tätig. Die Vorsorge kann allein durch die Hebamme, die gynäkologische Praxis oder im Wechsel erfolgen. Es ist euer Bauch und eure Entscheidung. Niemand darf euch vorschreiben, wo ihr euch untersuchen lassen solltet, auch das ist gesetzlich geregelt. Wir Hebammen bieten in der Schwangerschaft auch Hilfe bei Beschwerden an.
Nach der Geburt begleiten wir Mütter und deren Familien im Wochenbett und in der Stillzeit. Euch stehen in den ersten 10 Lebenstagen zwei Hebammenbesuche am Tag zu. Danach bis zur 12. Lebenswoche bis zu 16 Hausbesuche oder telefonische Beratungen insgesamt. Pro Hausbesuch verdient die Hebamme 38,46 € brutto, egal, wie lange der Besuch dauert. Nach der 12. Woche könnt ihr, solange ihr stillt, bei Stillproblemen sowie bei Fragen zur Beikost oder zum Abstillen eure Hebamme noch achtmal um Hilfe bitten. Diese Kosten werden von den Krankenkassen getragen.
Viele Hebammen bieten zusätzlich verschiedene Kurse an (z.B. Geburtsvorbereitungskurs, Rückbildungsgymnastik). Manche Hebammen erwerben außerdem verschiedene Zusatzausbildungen und Qualifikationen, wie Akupunktur, Akupressur, Massagen, Taping, Soft Level Lasertherapie zur unterstützenden Wundheilung, werden zertifizierte Stillberater:innen oder Trageberater:innen, etc. Diese Leistungen können sie dann ebenfalls anbieten.
Kombination aus Anstellung & Freiberuflichkeit: Wir Hebammen haben auch die Möglichkeit, in einem angestellten Verhältnis tätig zu sein und zusätzlich als freiberufliche Hebamme zu arbeiten. Je nachdem, wie es die persönliche Lebenssituation der Hebamme zulässt, können die verschiedenen Arbeitsweisen immer wieder angepasst werden. Der Beruf der Hebamme ist unfassbar vielfältig.
Wie wird man Hebamme?
Wer in Europa Hebamme werden möchte, muss studieren und kann dann mit dem Bachelor oder Master für angewandte Hebammenwissenschaften europaweit arbeiten. Mit Umsetzung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikation wurde die Hebammenausbildung zum 1. Januar 2020 vollständig akademisiert. Voraussetzungen für das Studium sind das Abitur oder eine abgeschlossene Ausbildung als Gesundheits -und Krankenpfleger:in oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger:in.
Empfohlen ist ein vierwöchiges Praktikum in einem Kreißsaal oder bei einer freiberuflich arbeitenden Hebamme. Die Studienzeit kann theoretisch in Vollzeit zwischen drei und vier Jahren liegen. Es gibt außerdem an manchen Hochschulen die Möglichkeit, in Teilzeit zu studieren. Das Hebammenstudium umfasst mindestens 2.200 Stunden Theorie und mindestens 2.200 Stunden Praxis in Kliniken und im außerklinischen Bereich bei freiberuflichen Hebammen. Da Studierende an zwei Orten lernen, handelt es sich um ein duales praxisintegrierendes Studium. Theorie und Praxis werden bestmöglich miteinander verbunden. Bewerber:innen schließen daher mit einer Klinik einen Studienvertrag ab, diese unterstützt sie dann über das gesamte Studium in den praktischen Studienphasen. Da das Hebammenstudium ein duales Studium ist, gibt es während des gesamten Studiums eine Studienvergütung von der Klinik. Weitere Infos zum Studium findet ihr z.B. auf der Seite des Hebammenverbandes
Brauche ich eine Hebamme?
Hebammen leisten viel Präventivarbeit für die Gesundheit eures Babys und für euch als Mutter. Sie sehen Schwangerschaft und Geburt als gesunde, normale Ereignisse im Leben einer Frau an. Durch umfassende Betreuung und Beratung von Anfang an können viele Risiken für Mutter und Kind gesenkt werden, zum Beispiel das Risiko einer Frühgeburt. Mit einer Hebamme habt ihr eine Expert:in an eurer Seite, welche euch in dieser aufregenden Zeit zur Seite steht und euch mit Wissen, Expertise und Empathie stärken kann. Natürlich sind wir alle Menschen und es kann sein, dass es zwischen euch und eurer Hebamme nicht gut läuft. Dann ist Kommunikation das A und O! Ihr habt die Möglichkeit eines Vorgesprächs, um eure Hebamme kennenzulernen (ein Gespräch wird von den Krankenkassen übernommen, ein weiteres mit einer anderen Hebamme wird dir privat in Rechnung gestellt).
Ab wann suche ich mir am besten eine Hebamme? Jede Frau hat gesetzlichen Anspruch auf Hebammenbetreuung, verankert im Sozialgesetzbuch V. Ihr benötigt keine Überweisung. Es ist ratsam, sich möglichst früh (direkt mit positivem Schwangerschaftstest) eine Hebamme zu suchen. Die Angst, sich vor Ablauf der ersten 12 Wochen bereits auf die Suche zu begeben, ist unbegründet. Selbst wenn die Schwangerschaft frühzeitig endet, habt ihr Anspruch auf Hebammenhilfe. Auch bei Fehlgeburten und Totgeburten sind wir an eurer Seite und für euch da. Solltet ihr euch später um eine Hebamme kümmern, kann es ggf. sein, dass keine Hebamme mehr freie Kapazitäten hat, das ist auch abhängig vom Geburtszeitraum (Feiertage, Ferienzeit). sse
Wie finde ich am besten eine Hebamme? Zum Beispiel:
- Bekanntenkreis, Familie, Freunde – Mund-zu-Mund-Propaganda
- Suchmaschinen im Internet
- Listen von Krankenhäusern, Geburtshäusern, Hebammenpraxen
- Krankenkasse
Wir haben noch weitere interessante Artikel rundum das Thema Hebamme:
Das Wochenbett als Zeit des Heilens und der Regeneration: Hebammentipps
Eine Hebamme im Interview: „Stillen kann bunt sein!“
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