Ein Erfahrungsbericht: Als wir anderen Menschen erzählt haben, dass es in den Sommerferien für uns drei Wochen nach Schweden geht, dann gab es insgesamt genau zwei Reaktionen: 1. Oje, da wird es unheimlich viel Mücken geben. Nehmt euch nur genug Mückenspray mit. 2. Uhhh, das wird aber teuer, in Schweden sind die Preise doch total hoch.
Von Mücken, Krümeln und Zen-Momenten
Wir hielten die Vibes positiv, nahmen unsere Koffer und packten für 3 Wochen ein: gut gemeinte Hinweise und all die anderen 543 Dinge, die man für einen Urlaub mit zwei kleinen Kindern unter 4 Jahren braucht. Über 1.700 Kilometer, unglaublich viele Blaubeeren, Eindrücke und Knäckebrot-Krümel im Autositz später, lebten wir nicht nur das Klischee, sondern einen echten Urlaubstraum. Bullerbü, Pipi und all die anderen Kracher-Charaktere haben es vorgemacht, Schweden ist das Kinderparadies und wenn die kleinen Menschen glücklich sind, können sich auch die Eltern mal 10 Minuten am Stück entspannt zurücklehnen. Damit dieser Zen-Modus schnell eintritt und möglichst lange konserviert werden kann, gibt es 5 Tipps für den Urlaub im Norden.
1. Mit der Fähre
Der Weg ist das Ziel. Nicht nur, um dem Planeten etwas Gutes zu tun, sondern auch für die Logistik ist es eine unglaublich gute Idee, auf das Flugzeug zu verzichten und die Fähre zu nehmen. Der Hinweg führte uns nach Kiel. Hier ging es auf die riesige Fähre mit dem Ziel Göteborg. Was bei uns immer funktioniert, alles zu einem riesigen Abenteuer für die Kids zu machen. Und das war es. Der erste Blick auf die riesige Fähre ließ die Münder weit offen stehen. Die Wartezeit konnten wir problemlos überbrücken, indem wir Lastern, Wohnwagen und anderen Fahrzeugen dabei zusahen, wie sie auf das Schiff fuhren. Als wir an der Reihe waren, unseren Parkplatz im Bauch des Schiffs anzusteuern, war die lange Fahrt längst vergessen. Schon hier gab es unglaublich viel zu sehen. Für das absolute Abenteuer-Gefühl und um Kilometer zu sparen, haben wir uns für die Fähre entschieden, die uns über Nacht von Kiel nach Göteborg bringt. Eine Kabine für die Übernachtung plus ein riesiges Schiff mit Lego-Spielecke, super leckeres Buffet und Spielautomaten – damit war schon mal alles geritzt. Das absolute Highlight war die Kinderdisco. Völlige Eskalation bei allen Altersstufen. Und auch wenn die Beats in ihrer Lautstärke keine Rücksicht auf Trommelfelle in ihrer Entwicklung nahmen, es war ein riesiger Spaß. Danach sanken alle selig ins Bett oder sagen wir Schlaflager, dass wir uns zusammengebaut haben, um das Familienbett von Zuhause nachzuempfinden.
Auf der Rückfahrt ab Ystad brachte uns der „Skane Jet“ in unglaublichen 2,5 Stunden zurück nach Sassnitz. Die Geschwindigkeit, die riesigen Laugenbretzeln und der Duty-Free Shop habe die Fahrzeit sehr schnell vorbeigehen lassen. Wahrscheinlich sehnten sich die anderen Fahrgäste schon eine Weile nach dem berühmten „Land in Sicht“, spätestens als sich unsere Kinder mit mehreren anderen zu einem Wettrennen zusammenschlossen. Aber für uns verging die Zeit wie im Flug.
Große Empfehlung: Wenn Schweden, dann mit der Fähre. Man kann all die wichtigen und vermeintlich nötigen Dinge transportieren. Vor Ort ist man super flexibel und muss auch in abgelegenen Gegenden nicht auf den Bus warten und gefühlt nimmt man ein Stück Zuhause mit, was den Übergang für den Nachwuchs scheinbar viel einfacher macht.
2. Eine Strecke, viele Teile
Neben der Fähre war es Teil unserer Strategie, glückliche Kinder nach Skandinavien zu transportieren: Unsere Route Berlin – Kiel – Göteborg – Mariestad–Karlstad–Fegen–Ystad haben wir so aufgeteilt, dass wir nie länger als vier Stunden am Stück fahren mussten. Das ist eine große Empfehlung, vor allem, wenn man zwei Mitfahrer:innen dabei hat, die sich gerne nach 20 Minuten abschnallen und aussteigen möchten. Klar, die Vorbereitung muss stimmen. Die Snackboxen randvoll befüllen, die Simone-Sommerland-Playlist herunterladen und sich genug merkwürdige Geschichten ausdenken, um möglichst viel Zeit mit einem großen Hobby der Minis zu füllen: Papperlapp-Geschichten.
Und tadaaa, es hat geklappt. Deswegen gibt es ein klares JA für einen Roadtrip mit kleinen Kindern in diesem wunderschönen Land! In Schweden gibt es neben wahnsinniger Natur-Idylle ein riesiges Angebot an großartigen Unterkünften, sodass es leicht fällt, schon vorher eine Route komplett durchzuplanen, oder aber auch spontan den nächsten Stopp zu finden. Natürlich ist das skandinavische Land auch ein absoluter Traum, wenn ihr mit dem Wohnmobil, Wohnwagen oder Camper unterwegs seid. Durch das Jedermannsrecht in Schweden kann man wild campen und ist dadurch total flexibel. Einzige Voraussetzung: Man muss die Natur und die Privatsphäre der möglichen Grundstückseigentümer*innen achten. Ansonsten heißt es, wunderschönen Ort suchen und die prächtige Umgebung genießen.
Ganz ohne ungeplante Ausstiege und freiliegende Nerven haben wir 3 Wochen in Schweden verbracht. Mehr noch, erholt, bestens gelaunt und nach circa 15 Stunden „Backe, backe, Kuchen“ und „Körperteil Blues“ sind wir wieder in Berlin eingefahren!
3. Im schwedischen Flow
Schweden ist riesig. Auf über 528.400 Quadratkilometern (zum Vergleich: Deutschland ist circa 357.500 Quadratkilometer groß) erstreckt sich üppigste Landschaft. Wir brausten durch Småland, das uns an das Land der Hobbits von Tolkien erinnerte und bezogen für zwei Wochen mit Freunden ein Haus für 10 Personen im Värmland, in der Nähe von Karlstadt, am größten Binnensee Schwedens, der vom Ufer aus gesehen eher wie ein Meer scheint.
Mit vielen Fähnchen auf Google Maps starteten wir in das nordische Lebensgefühl und stellten fest, es braucht keine großen Pläne. Am Morgen die Haustüre weit öffnen und alle vier Kinder rannten raus und wurden nicht mehr gesehen. Nur, wenn man ganz genau hinschaute, sah man sie zwischen den Sträuchern, hinter Kastanienbäumen oder auf Spurensuche im Feld. Die detaillierte Gestaltung der Wochenenden in der Großstadt war hier nicht mehr nötig, die Tage waren einfach ein Dahintreibenlassen. Blaubeeren pflücken, im Kanu über den See dümpeln, mit langen Stöcken riesige, imaginäre Fische aus dem Wasser ziehen und stets ein Insekt verfolgen. Klingt unspektakulär! Stimmt, und wahnsinnig schön.
Aber wir sind nicht nur im temporären Zuhause versackt, sondern haben auch die Gegend rund um Karlstad erkundet. Gefühlt an jeder Ecke gibt es idyllische Wanderpfade, die sich auch für kurze Beine eignen. Am Ufer des Sees Vänern entlang über moosbewachsene Steine springen und auf den warmen Felsen picknicken kam bei allen gut an. Aber auch Karlstadt selbst bietet großartige Spielplätze, tolle Cafés und mit dem Park Mariebergsskogen einen Ort, der für Kinder und Erwachsene großartig ist. Spielplätze, Naturerlebnismuseum, Minigolf, Bimmelbahn und Badestrand lassen hier die Zeit sehr schnell verfliegen. Am schönsten erreicht man den Park mit einem der Holzboote, die in Karlstadt als öffentliche Verkehrsmittel dienen und auf verschiedenen Strecken die Stadt verbinden.
Dort, wo es schön war, hielten wir an und fast immer gab es etwas zu entdecken. Steinformationen, Sandstrände oder leckere Fischbrötchen. Es kam weder Stress noch Langeweile und die Laune blieb die ganze Zeit weit oben. Am besten lernt man Schweden kennen, indem man die Geschwindigkeit rausnimmt. Ommm!
4. Kenn deine Beeren
Es gibt ja Menschen, für die ist der Wald wie ihr Kühlschrank. Als naturferne Großstädter mit Verantwortung für zwei unter vier ist es erst mal ganz schön wild zu verstehen, dass all diese üppig beladenen Blaubeerbüsche ihre Früchte anbieten. Zwei kleine Kinder, die blau verschmiert die leckeren Beeren ernten, ist Schweden-Romantik 3000. Aber Moment, da gibt es auch rote und dunkelblaue und ups, die da dahinten ist schwarz … Es ergibt auf jeden Fall Sinn, vor dem Start gen Norden noch mal das Pflanzenlexikon oder die App zu befragen, welche Beeren essbar sind und bei welchen Arten man lieber die Finger weglässt. Und auch wenn es die Romantik etwas stört, wird empfohlen, die Blaubeeren zu waschen und am besten sogar zu kochen. Der Grund dafür ist der Fuchsbandwurm, der über Nahrungsmittel, die bodennah wachsen, übertragen werden kann. Das passiert nur sehr selten, sollte aber im Kopf behalten werden. Nicht nur in Schweden, sondern auch in vielen anderen Ländern.
5. Quangelzone Deluxe
Auch in Deutschland ist es nach einem Einkauf mit zwei Kleinkindern mit ihrem jeweiligen Minieinkaufswägen nicht leicht, entspannt zu bleiben, wenn kleine Kinderhände, an der Kasse nach Schokoriegeln greifen und an Batterieverpackungen zerren. In Schweden wird die sogenannte Quengelzone aber auf ein neues Level gehoben. Vielleicht liegt es daran, dass lange und dunkle Winter überbrückt werden müssen, aber die Süßigkeiten-Dichte in den schwedischen Supermärkten ist unglaublich. Die Krönung sind die mehreren Meter hohen Wände, vollgepackt mit den buntesten, süßesten und klebrigsten Leckereien, die man sich vorstellen kann. Und das Beste? Man kann sich einfach bedienen und sich einen Mix dieser Zuckerbomben zusammenstellen. Dieser Bereich, plus etliche Regale mit Schokoladen, Lakritz und Gummitieren, zäunen oftmals die Kassen komplett ein. Am besten nähert man sich aus der Windel- und Klopapierzone oder fängt schon im Bereich Tiefgekühltes an zu rennen, damit die Kids ihre Umgebung bis zur Kasse nur noch verschwommen wahrnehmen. Egal, welche Strategie es wird, über diesen Endgegner sollte man sich in Schweden bewusst sein.
Ein kleines Fazit
Mücken: 1, Stiche: 0, verspeiste Blaubeeren: circa 2 Kilo, glückliche Menschen: alle, Anzahl gesehener Bäume und Seen: unendlich. Schweden ist die absolute Traumdestination mit Kindern. Weite, Abenteuer, pausenloses Spielen in den Wäldern und an den Ufern der Seen. Die Schweden sind wahnsinnig gast- und kinderfreundliche Menschen. Selbst in Restaurants mit enger Bestuhlung und hyperaktiven Kindern, die kein Besteck benutzen wollen, hatten wir nie das Gefühl, schräg angeschaut zu werden. Es gibt viele Angebote für Kinder und ganz ehrlich, die Natur ist der beste Babysitter. Ganz klare Empfehlung für einen Sommerurlaub bei entspannten 24 – 26 Grad und leichter Brise. Die Mücken blieben fern und auch, wenn die Preise im Vergleich zu Deutschland etwas höher sind, kann man mit der entsprechenden Planung trotzdem einen kostengünstigen Urlaub hinkriegen. Danke Schweden, du warst gut zu uns!
Text und Fotos: Rebecca
Habt ihr schon mal Glamping ausprobiert? Vielleicht ist das ja auch was für euch?! Und alle, die gern weiter weg fahren, sollten mal unsere Wohnmobil-Tour durch den Westen der USA ausprobieren.
Wir haben noch mehr Sommerideen für euch, zum Beispiel für Reisespiele und Beschäftigungsideen für unterwegs oder am Strand.
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