Werbung
Habt ihr beim Einkaufen schon einmal bewusst darauf geachtet, wie die Lebensmittel eigentlich verpackt sind? Plastiktüten im eingeschweißten Karton sind keine Seltenheit und dazu gibt es Absurditäten wie “Obst to go”, bei dem Bananen geschält und ihrer natürlichen Verpackung beraubt werden, um sie dann wieder in Styropor und Plastik einzuwickeln?!?
Während wir Erwachsenen oft einfach automatisch die Einkaufswagen füllen und denken “Das muss halt so sein.”, ist bei den Kindern heute ein ganz anderer Trend zu beobachten. In Zeiten von “Fridays for Future” wird das Thema Verpackungsmüll in der Schule offen besprochen. Und so kann es passieren, dass im Supermarkt die leckersten Süßigkeiten nicht mitgenommen werden, weil das “Ihhhh, Plastik!” ist, fremde Leute belehrt werden, dass eingeschweißte Bio-Gurken böse sind und zuhause das Thema Plastik zum Begleiter am Essenstisch wird.
Wir finden das nicht nur erstaunlich, sondern richtig toll und haben daher unsere Kinder (7 und 8 Jahre) mitgenommen, um Kathi (26 Jahre, im Bild oben links) & Käthe (36) zu interviewen. Sie haben im Dezember 2018 in Potsdam Babelsberg ihren Fairverpackt-Laden eröffnet. In der Garnstraße 20 erwarten euch über 600 Produkte, die nicht industriell vorverpackt sind. Und die Behälter? Bringt ihr einfach selbst mit. Wie das genau geht und wie es zu der Idee kam, lest ihr in unserem Interview, bei dem übrigens auch die Kinder sehr viele neugierige Fragen gestellt haben!
Im Interview: Kathi & Käthe von Fairverpackt
So einen Laden könnten wir selbst gut gebrauchen!
POLA Magazin: Liebe Kathi, liebe Käthe, wie ist die Idee zu eurem Laden entstanden?
Kathi: Käthe und ich kennen uns über eine ehemalige Mitbewohnerin von Käthe. Eigentlich kommen wir beide aus dem Kulturbereich, ich bin gelernte Veranstaltungskauffrau und Käthe hat Kulturarbeit studiert. Wir hatten beide den Wunsch, beruflich etwas anders zu machen und selbstständig zu arbeiten. Da kam ziemlich schnell die Idee nach einem eigenen Laden oder Café, auch ein Food Truck war in der Überlegung. Als wir uns über Unverpackt-Läden unterhalten haben, dachten wir, “Das könnten wir selbst gut gebrauchen!”.
Käthe: Genau! Ich war vier Jahre auf Weltreise und habe danach viel darüber nachgedacht, wie mein Konzept vom Leben und vom Geldverdienen aussieht. Gesunde Ernährung und eine biologische Herstellung und Wertschätzung der Lebensmittel war mir immer schon sehr wichtig. Da kam die Frage, wie ich eigentlich selbst gern einkaufen würde und was in Potsdam fehlt. Die Idee mit dem Unverpackt-Laden hat uns dann nicht mehr losgelassen. Wobei wir unseren Laden bewusst “fairverpackt” genannt haben, denn die Sachen sind ja nicht unverpackt, nur das “Wie” ist verändert, es ist fair verpackt.
Wenn euer Herz ja sagt, sagt es ja!
Wie war euer Weg von der Idee bis zur Ladeneröffnung?
Käthe: Wir haben uns dann in der Gründerwerkstatt “Enterprise” beraten lassen, das Konzept überlegt und einen Business Plan gemacht. Bei der Recherche haben wir auch einige andere Unverpackt-Läden in Deutschland besucht. Insgesamt gibt es davon aktuell etwa 100 deutschlandweit mit wachsender Tendenz.
Kathi: Die Location in Babelsberg haben wir dann durch einen Zufall gefunden. Eigentlich haben wir eine ganz andere Adresse besichtigt und sind danach noch die Garnstraße entlanggelaufen und haben den leeren Laden entdeckt, der sofort zu haben war. In unserer Planung waren wir aber noch gar nicht so weit, direkt einen Mietvertrag zu unterschreiben!
Käthe: Den Anstoß hat dann eigentlich Elvira gegeben, sie betreibt die Änderungsschneiderei nebenan. Sie sagte “Schlaft eine Nacht drüber und wenn euer Herz ja sagt, sagt es ja!” und sie hatte Recht damit. Das Gefühl hat gestimmt und wir haben den Laden gemietet. Die Einrichtung haben wir komplett selbst gebaut und haben uns dabei davon leiten lassen, wie wir Gemütlichkeit und Gelassenheit für uns selbst beschreiben.
Das ist euch wirklich gut gelungen! Was findet man bei euch alles im Sortiment?
Käthe: Wir bieten über 600 verschiedene Artikel an. Den Hauptteil bilden Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte, Müsli, Nüsse und so weiter, wir decken da den Grundbedarf eines Wocheneinkaufs ab. Das Mehl kann man bei uns übrigens ganz frisch mahlen lassen und wir haben auch eine Mühle für frisches Nussmus.
Kathi: Außerdem haben wir eine Reihe von Kosmetik-Produkten sowie Reinigungsmittel. Diese kauft man bei uns als Konzentrat und kann sie dann zuhause verdünnen. Das ist übrigens bei Produkten aus dem Supermarkt auch nicht anders – 90% davon sind reines Wasser, welches man auch zu Hause aus der Leitung bekommt.
Was die Kinder besonders interessiert: Wie werden die Lebensmittel für den Transport zu euch verpackt?
Käthe: Diese Frage wird uns häufig gestellt. Die meisten Sachen kommen in großen 5 bis 25kg-Säcken aus Kraftpapier. Je nach Lebensmittel haben einige eine dünne Plastikbeschichtung innen zum Schutz vor Schädlingen und Wasser. Die Tüten geben wir meist zum Transport an die Kunden weiter, insgesamt haben wir hier wirklich sehr, sehr wenig Müll und hauptsächlich Papier und Pappe.
Kathi: Dazu müssen die Hersteller auch ihre Produktion erst einmal umstellen und sich auf den Trend der Unverpackt-Läden einstellen. Teilweise gibt es auch schon Pfandboxen oder Pfandflaschen. Sehr gern möchten wir das Sortiment erweitern und zum Beispiel bald Hafermilch anbieten. Hier haben wir eine große Nachfrage und es gibt gerade zwei spannende Projekte in Potsdam und Umgebung, die sich auf Hafermilch und weitere Alternativnussmilchprodukte in Pfandflaschen spezialisieren.
Bezieht ihr alles regional?
Käthe: Hier ist die Frage, was regional ist. Das Dorf nebenan, Brandenburg, Deutschland? Es kommt halt ganz darauf an, wo die Sachen hergestellt und angeboten werden. Unsere Reinigungskonzentrate kommen zum Beispiel aus Österreich. Cashew-Nüsse oder getrocknete Mango haben auch mal einen weiteren Weg. Auf allen Lebensmitteln gibt es auch bei uns übrigens eine Angabe zum Herkunftsland und natürlich zum Mindesthaltbarkeitsdatum, Allergenen usw. wie gesetzlich vorgeschrieben. Alles bei uns hat Bio- oder gar Demeter-Qualität.
Es geht um eine häppchenweise Umstellung.
Wie reagieren die Leute auf euren Laden? Mit welchen Vorurteilen habt ihr zu kämpfen?
Kathi: Zum einen denken viele, sie müssten sich bei uns mit ganz neuen Verpackungen aus Glas oder so eindecken. Dabei geht es gerade um Wiederverwendung vorhandener Verpackungen. Jeder hat zuhause Tupperdosen, Schraubgläser oder Stoffbeutel, die bringt man einfach mit. Gewürze kann man zum Beispiel einfach in seine alten Gewürzdosen nachfüllen. Und wer spontan vorbei kommt, findet auch genügend kostenfreie Gläser – von Kunden für Kunden – bei uns, die wir nochmal reinigen und dann mitgenommen werden können. Man muss nichts neu anschaffen, vielmehr geht es um eine häppchenweise Umstellung.
Es ist richtig, für gute Nahrung Geld auszugeben!
Käthe: Der zweite Punkt ist der Gedanke, dass so ein Laden sicher “teuer” sei. Auch das stimmt nicht, verglichen mit Bioläden bieten wir gleiche Preise an oder liegen sogar darunter. Mit den subventionierten Preisen bei Aldi & Co kann man es natürlich nicht vergleichen. Wir stehen in Deutschland gerade vor großen Aufgaben, die schnelle und durchdachte Lösungen auch der großen Lebensmittelketten erfordern und einen ehrlichen Willen, der nicht nur gebunden an Profiten und Gewinnmargen agiert. Es kann nicht sein, dass Lebensmittel fast nichts kosten, Tiere gequält werden und Pestizide und Fungizide gedankenlos eingesetzt werden. Es ist richtig, für gute Nahrung Geld auszugeben!
Kathi: Ein weiterer Vorteil bei uns: Man muss wirklich nur die Mengen kaufen, die man auch braucht! Zum Beispiel nur eine Messerspitze eines Gewürzes, das man nur für ein neues Gericht probieren will und sonst nicht benötigt. So ist auch immer alles “frisch”. Bei uns zahlt man pro Gramm. Die Behälter werden vorab leer gewogen und das Gewicht per Marker auf die Verpackung geschrieben. Dann füllt man die Menge ab, die man möchte und kommt an die Kasse zum erneuten Wiegen und Bezahlen.
Wie reagieren die Leute auf euren Laden? Habt ihr damit wie gewünscht einen Nerv getroffen?
Käthe: Auf jeden Fall. Die Menschen sind sehr offen und interessiert, viele haben sich schon mit dem Thema Unverpackt beschäftigt, sodass es in Babelsberg bereits ein großes Bedürfnis danach gab. Neben dem Verkaufen ist ein noch wichtigerer Job für uns Aufklärungsarbeit und Wissensvermittlung, wobei wir auch noch ganz viel von unseren Kund*innen lernen können. Es ist ein tägliches Wissens- und Frage-Ping-Pong von beiden Seiten. Fetzt!
Kathi: Zur Wissensvermittlung gehören auch unsere Workshops. Hier kann man lernen, Waschmittel und Allzweckreiniger, Deo und Badeperlen oder Rouge und Mascara selbst herzustellen. Hier genügen nur ganz wenige Zutaten und man hat es natürlich und fair hergestellt. Waschpulver besteht zum Beispiel nur aus Natron, Kernseife und Waschsoda. Für weiße Wäsche kann man noch Zitronensäure dazu tun oder ätherisches Öl für einen besonderen Duft. Die Bestandteile kann man bei uns kaufen und nach Bedarf verwenden.
Auf eurer Webseite kann man einen Teil des Sortiments auch sehen und bestellen, wie funktioniert das?
Käthe: Das ist kein klassischer Online-Shop, sondern es soll eine Art Packservice werden für unsere Kund*innen mit wenig Zeit. Hier kann man die Ware von zuhause bei uns vorbestellen und wir wiegen und packen das in Pfandbehälter zur Abholung ein. Das geht aber nur für Mengen von insgesamt 3-5kg, sonst schaffen wir das zeitlich nicht. Gerade funktioniert das allerdings noch nicht über die Website, sondern die Leute schicken uns ihre Listen per Mail an hallo@fairverpackt-babelsberg.de.
Nun haben nicht alle unsere Leser wie wir in Potsdam das Glück, einen Unverpackt-Laden in der Nähe zu haben. Welchen Tipp habt ihr für sie?
Kathi: Zum einen kann man schauen, ob es einen Bauern oder Hofladen in der Nähe gibt und sich hier die Sachen abfüllen lassen. Oder man tut sich mit mehreren Leuten zusammen und bestellt sich auch diese großen Kraftpaketsäcke, die man dann untereinander aufteilt.
Wir sind voll mit Ideen!
Fairverpackt wird nun bald ein Jahr alt. Wie blickt ihr zurück und was sind eure Pläne für die Zukunft?
Käthe: Im Oktober haben wir den Potsdamer Klimapreis gewonnen, sowas ist natürlich eine erfrischende Bestätigung unserer Arbeit, weiter geht’s!!! Insgesamt war es auf jeden Fall ein krasses Jahr. Vor allem mussten wir lernen, dass wir nicht 6 Tage die Woche im Laden stehen können und nebenher noch die ganzen anderen Sachen wuppen, es braucht auch Ruhepunkte, an die Decke starren und so. Montags haben wir jetzt geschlossen, um das Administrative zu erledigen und Kräfte zu sammeln.
Kathi: Das Tolle ist, dass der Laden wirklich verdammt nah an unserem eigenen Leben ist. Wir freuen uns, dass das Interesse am Laden konsequent ansteigt. Wir haben eine breite Stammkundschaft, die regelmäßig bei uns einkauft, es kommen aber auch regelmäßig neue Gesichter. Und wir sind noch voll mit Ideen!
Käthe: Wir können heute nicht alles ändern, aber jeder soviel, wie er kann, häppchenweise. Mut zur Komfortzonenverengung!
Ein perfektes Schlusswort! Wir danken euch sehr für das interessante Interview!
Euer Interesse wurde geweckt? Kathi & Käthe freuen sich auf euren Besuch!
Fairverpackt findet ihr in der Garnstraße 20 / 14482 Potsdam Babelsberg
Öffnungszeiten:
Dienstag-Freitag: 10 – 19 Uhr
Samstag: 9 – 14 Uhr (mit Frühstücksbuffet)
Sonntag & Montag: geschlossen
→ zur Webseite von kathi & käthe – Fairverpackt
Fotos: © POLA Magazin
Dieser Blogartikel ist gesponsert und somit Werbung.