Nora Fritz (34) und Gregor Hiller aka Greg Dhilla (38) sind Künstler und seit 2015 ein Paar. Nach nur vier Monaten Beziehung war ihre Tochter Lara (2) unterwegs. Ihren Familien-Lebensmittelpunkt haben die vier (Sohn Nikolaj,12, fehlt im Interview, da er mit der Oma gerade in Amsterdam war) im Kunst- & Kreativhaus Rechenzentrum. Von hier aus arbeitet Nora als Galeristin, Siebdruckerin, Illustratorin und Performance-Künstlerin. Greg ist Audio-Engineer, Musikproduzent und Beat-Maker. Heute geben uns Nora Fritz und Greg Dhilla einen kleinen Einblick in ihre Welt, die kunterbunt, ein bisschen verrückt, aber aus einhundertprozentiger Leidenschaft besteht.
POLA: Wo habt ihr zwei euch eigentlich kennengelernt?
Nora: Das war 2014 bei „Stadt für eine Nacht“ in der Schiffbauergasse. Wir hatten zufällig einen Stand nebeneinander, haben uns aber zu dieser Zeit gar nicht weiter beachtet. Zufälligerweise waren wir beide die einzigen, die 24 Stunden durchgehalten haben. Ich habe ihm am Ende ein Siebdruck-Herz geschenkt und er mir eine CD. Nach einem Jahr haben wir uns auf einer Party wieder getroffen, die ganze Nacht durchgetanzt und uns sofort ineinander verliebt.
Und nach vier Monaten war eure Tochter schon unterwegs! War das geplant?
Nora: Haha! Ja, natürlich! Dieser frühe Startschuss sollte unseren Bund für immer schließen …. Nein, auf keinen Fall und ich sehe heute noch sein blasses Gesicht vor mir, als ich ihm auf der Langen Brücke von der Schwangerschaft erzählte.
Ihr seid Künstler mit ganzem Herzen. War euch schon zu Schulzeiten klar, dass ihr keinem „normalen“ Beruf nachgehen wollt?
Greg: Eigentlich schon. Ich habe in Cottbus eine Ausbildung zum Mediengestalter in Bild und Ton gemacht und mich dann lange Zeit als Ton- und Kameraassistent bei verschiedenen Film- und Produktionsfirmen über Wasser gehalten. Freunde von mir haben mir dann aber die Musik nahegebracht und dann wurde mir relativ schnell klar, dass ich in Zukunft nur noch als Selbstständiger in der Ton-Branche arbeiten will.
Nora: Ich bin in Schwerin aufgewachsen und als ich 18 wurde, bin ich sofort nach Berlin gezogen. Das war mein großer Traum, denn ich wusste, dass mich dort eine ganz andere Welt erwartet. Ich habe dann erstmal eine Ausbildung zur Produktdesign-Assistentin gemacht. Im Anschluss folgte ein Praktikum bei Marc Henri Vital (Siebdruckkünstler und Streetartist). Dort habe ich das Siebdrucken und die ersten Anfänge der Schneiderei gelernt. Danach bin ich dann auch noch bei einer Gewandmeisterin ins Praktikum gegangen. Zu dieser Zeit kam dann auch mein großer Sohn Nikolaj auf die Welt.
Und dann bist du mit deinem Sohn nach Potsdam gezogen?
Nora: Ja, ich wollte nicht, dass er in Berlin aufwächst. Für mich allein waren die drei Jahre in der Großstadt toll, aber für meinen Sohn konnte ich es mir nicht vorstellen. In Potsdam hat es mir total gut gefallen, denn hier war ich mit dem Kinderwagen super schnell im Grünen.
Und wie ging es dann weiter?
Nora: Ich habe mich dann relativ schnell im Bereich Kostüm und Modedesign selbstständig gemacht. Ich habe Röcke und Corsage-Kleider produziert und diese dann an den Wochenende auf dem Mauerpark-Flohmarkt in Berlin verkauft. Und dann bekam ich die Möglichkeit, zwei Modeschauen auf der Fashion Week zu veranstalten. Das hat viel Spaß gemacht, war aber auch sehr anstrengend. Zu dieser Zeit wurde ich dann auch alleinerziehend und das war echt hart. Ich musste innerhalb kürzester Zeit 30 Outfits designen und nähen. Und ganz nebenbei wollte ich dann auch noch meine Webseite aufbauen.
Und wie sahen deine Tage vor der Fashion Week als Alleinerziehende dann genau aus?
Nora: Ich habe erst einen Monat vor der Fashion Week Bescheid bekommen, dass ich eine Modenschau veranstalten darf. In diesen 30 Tagen habe ich fast nicht geschlafen, sondern immer gearbeitet. Nur mittags und in der Nacht habe ich mich für zwei Stunden hingelegt. Nach der Fashion Week habe ich in einem ähnlichen Tempo weitergearbeitet, doch nach einem Jahr hat mich mein Arzt erstmal krank geschrieben. Ich konnte nicht mehr.
Verständlich! Wie war die Zeit für dich? Was hat dir wieder Kraft gegeben?
Nora: Ganz klar mein Sohn Nikolaj, auch wenn es wie ein Klischee klingt. Er war mein einziger Grund, mich zusammenzureißen und morgens aufzustehen. Ich denke, ich konnte meine Depression gut von ihm fern halten. Alles lässt sich nicht verbergen, aber für ihn habe ich alles gegeben, um wieder fit zu werden.
Wie ging es nach deiner Auszeit weiter?
Nora: Ich habe mir dann erstmal einen ganz unkreativen Job gesucht. Aber ich hatte geregelte Arbeitszeiten und bekam regelmäßig mein Geld. Nach fünf Jahren kam dann langsam etwas Ruhe in meinen Körper, aber auch der Wunsch, wieder im künstlerischen Bereich zu arbeiten. Zu dieser Zeit bin ich dann mit Greg zusammengekommen und Lara machte sich auf den Weg. In der Schwangerschaft und Elternzeit habe ich dann bei verschiedenen künstlerischen Projekten im Rechenzentrum mitgearbeitet. Und seitdem stecke ich meine ganze Energie ins Rechenzentrum. Auch hier habe ich wieder mehrere Standbeine, an denen ich arbeite. Das ist einfach meine Leidenschaft. Ich kann mich nur schwer auf eine Sache konzentrieren. Das würde mich einfach nicht befriedigen. Dafür gehen mir immer viel zu viele Ideen durch den Kopf.
Und wo holst du dir deine Inspiration?
Nora: Überall. Ich nehme ständig alles auf. Wenn ich einen großen Karton auspacke, dann überlege ich mir schon, was ich mit ihm machen kann. Wenn ich unter einem Baum sitze und bei den Blättern ein Schattenspiel entdecke, dann kommen mir dazu auch gleich Ideen. Und wenn ich einen Sonnenuntergang beobachte, fallen mir dazu ein paar Liedzeilen ein. Die ganze Umwelt ist voller Schwingungen und steckt voller Inspiration.
Seid ihr zu Hause eigentlich auch kreativ?
Nora: Klar, es ist ein fließender Übergang. Wir integrieren die Kinder auch in unsere Arbeit. Wenn wir eine Veranstaltung haben, dann sind sie einfach mit dabei.
Und fördert ihr die Kreativität eurer Kinder besonders stark?
Nora: Ja, das ist einfach das, was wir können. Es fällt uns eben einfacher, diese Sprache zu nutzen und sie in unsere Welt einzuführen. Bei uns gibt es zwischen den Jobs, dem Familienleben und der Freizeit keine Trennung. Die Familie ist das Wichtigste und ist auch einfach immer mit dabei.
Und funktioniert das gut?
Greg: Es funktioniert sogar hervorragend, aber eigentlich denken wir darüber gar nicht nach.
Worauf legt ihr bei der Erziehung eurer Kinder großen Wert?
Nora: Auf Harmonie. Wir sind schon autoritär, aber der Dialog steht immer im Vordergrund. Wir schauen immer, was die Kinder wollen, aber auch, was wir wollen. Uns ist einfach wichtig, dass sie glücklich werden und ihren Weg finden.
Wünscht ihr euch für eure Kinder, dass sie auch Künstler werden oder sollen sie lieber einem „geregelten“ Job nachgehen?
Nora: (lacht) Ja, die Jobs stehen schon fest. Nikolaj wird Elektroingenieur und Lara wird ganz klar Ärztin. Die Spezialisierung ist ihr dann überlassen.
Was ist für euch das Einfachste am Elternsein?
Nora: Zu lieben.
Und was das Schwerste?
Greg: Konsequent zu sein und die Vorbildfunktion zu bewahren. Und natürlich auch, nicht zu fluchen (lacht).
Wo befindet sich euer Potsdamer Lieblings-Familienort?
Greg: Am Wasser im Park Babelsberg und natürlich im Rechenzentrum, denn unsere Kinder werden dort groß.
Und welchen Wunsch habt ihr für die Zukunft?
Nora: Dass wir uns in 20 Jahren gemeinsam mit dem Rechenzentrum eine Zukunft aufgebaut haben. Dass wir dann in der Lage sind, uns eine schöne Wohnung zu leisten und jedes Kind auf dem Weg ist, sein Glück zu finden.
Liebe Nora, lieber Greg, vielen Dank für eure Offenheit!
Fotos: © POLA Magazin
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