ChorWerk Potsdam: “Es geht darum, sich zu begegnen und gemeinsam Musik zu machen.”

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“Wir sollten auch in Potsdam wieder mehr Gemeinschaft erleben können!“ dachte sich Chorleiter Hans-Joachim Lustig und hat zusammen mit großartigen Kolleg:innen und Potsdamer Standorten im März 2022 den gemeinnützigen Trägerverein “ChorWerk Potsdam” gegründet und verschiedene Angebote und Workshops rund ums Singen auf die Beine gestellt. In unserem Interview mit dem Gründer erfahrt ihr, wie es dazu kam, was euch erwartet und wie ihr mit euren Kindern (vorerst kostenfrei!) mitmachen könnt.

Lieber Hans-Joachim, wie bist du zur Musik gekommen?

chorwerk potsdam interview hans joachim lustigHans-Joachim: Ich habe an der Musikhochschule Lübeck Schulmusik studiert, doch schnell gemerkt, dass ich besonders viel Freude an der Arbeit mit Chören habe. Seit 22 Jahren bin ich Leiter der Chorknaben in Uetersen, einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein, bei denen ich selbst groß geworden war. Bei uns singen z.Zt. 120 Jungs im Alter zwischen 6 und 28 Jahren. Außerdem leite ich den Kammerchor I Vocalisti, gebe Workshops und sitze häufig in Jurys bei Chor-Wettbewerben.

Wie kam es zu der Idee mit dem ChorWerk Potsdam?

Ich wohne mit meiner Familie seit über sechs Jahren in Potsdam und es gab immer wieder mal die Überlegung, hier ein musikalisches Projekt zu starten. In der Corona-Zeit mussten besonders Kinder und Jugendliche viele Einschränkungen hinnehmen. Aktuell, wo sich vieles wieder lockert, ist mein Bild, dass es uns allen guttun könnte, wieder einmal mehr Gemeinschaft zu erleben. Und das Singen in Chören ist da natürlich eine tolle Möglichkeit. Außerdem ist mir aufgefallen, dass es in Potsdam keinen Mädchenchor und auch keinen Chor für sowohl Knaben- als auch Männerstimmen gibt. Meine Erfahrung ist es, dass gerade in dem Bereich eine altersgemischte Gruppe besondere Möglichkeiten bietet. Das soziale Lernen spielt hier eine große Rolle: Die Großen übernehmen Verantwortung für die Kleinen und die Kleinen lernen von den Älteren. Bei Freizeitaktivitäten kann es z.B. Chorfamilien geben, das heißt, es existieren mehrere Gruppen mit unterschiedlichen Altersklassen und die jüngeren Sänger haben in gewisser Weise ganz viele „große Brüder“.

Und wie ging es dann weiter?

Durch meine langjährige professionelle Tätigkeit verfüge ich über ein sehr großes Netzwerk an Kontakten zu Kolleg:innen aus verschiedenen musikalischen Bereichen. Im Laufe der Jahre habe ich unheimlich viele Leute kennengelernt und Networking mag ich allgemein sehr gern. Mir macht es viel Freude, auch über die sozialen Medien mit nationalen und internationalen Kolleg:innen in Kontakt zu sein. Wichtig ist mir bei meiner Arbeit, auch immer wieder mit lebenden Komponist:innen zusammenzuarbeiten. Denn die Vorstellung einiger Kinder, Komponist:innen seien grundsätzlich tot, stimmt natürlich nicht. Es ist wirklich großartig, wenn Komponist:innen mit den Kindern und Jugendlichen zusammenkommen. Dabei entsteht eine ganz neue Art der Identifikation und man erlebt quasi Musikgeschichte live!

Gibt es deiner Meinung nach eine musikalische Lücke in Potsdam?

Ja, denn wie ich gerade schon gesagt habe, einen Mädchenchor und einen gemischten Knabenchor sucht man hier bisher vergeblich. Aber wir wenden uns nicht nur an alle Potsdamer, sondern auch an alle Familien aus dem Umland (von Steglitz, Wannsee, Kleinmachnow bis nach Michendorf und Werder). Und da sehe ich bei rund 600.000 Menschen ein enormes Potenzial.

Und wie lange hat die Gründung des ChorWerks gedauert?

Konkret ungefähr neun Monate. Während der Corona-Pandemie habe ich mich immer wieder gefragt, wie es danach weitergehen kann. In den letzten beiden Jahren durften wir ja zum Teil gar nicht mehr oder nur mit Masken singen. Wir waren da an einigen Stellen auch wirklich kreativ. Als es verboten war, in geschlossenen Räumen zu singen, haben wir in einem Parkhaus geprobt. Mit Straßenkreide wurde dann markiert, wo jeder Sänger stehen sollte. Aber wir hatten jede Menge Spaß dabei. Es ging uns darum, uns zu begegnen und gemeinsam Musik zu machen und der Ort spielte dabei keine wirkliche Rolle.

Und ich hatte natürlich gehofft, dass ab diesem Frühjahr wieder mehr stattfinden kann. Jetzt erscheint es uns ein guter Zeitpunkt, unsere Ideen umzusetzen.

Welche Angebote und Workshops wird es zunächst geben?

Starten werden wir mit zwei Chören für Mädchen: MehrMädchen (9-12 Jahre) und Chorallen (ab 13 Jahren). Außerdem wird es für Jungs (ab 9 Jahren) sowie junge Männerstimmen den Chor Ragazzi geben. In Planung sind außerdem zwei Gruppen für Kinder: ChorWürmchen (3 – 5 Jahre) und Bambini (6 – 8 Jahre).

Im Bereich Pop/Jazz (für Jugendliche und Erwachsene) beginnen wir nicht mit einem regelmäßigen Angebot, sondern planen unter dem Titel Popsdam zunächst Workshops mit „Größen der Szene“. Vorgesehen sind Veranstaltungen mit u.a. Winnie Brückner, Martin Carbow, Markus Detterbeck, Franny Fuchs, Christoph Gerl, Carsten Gerlitz, Bastian Holze, Ilja Panzer und Lili Sommerfeld.

Wie kam es zu den Namen und den verschiedenen Farben der Chöre?

Ehrlich gesagt, ist es ein kleinen Familienprojekt. Meine Frau und meine Tochter hatten viele tolle Ideen, auf die ich alleine wahrscheinlich gar nicht gekommen wäre. Und so sind dann auch u.a. die Namen und die Farben als Gemeinschaftsprojekt entstanden. Wir wollten dabei keine Klischees bedienen und z.B. den Mädchenchor in Rot oder Pink oder den Jungschor in Blau abbilden.

Und an welchen Orten werden die Angebote und Workshops zukünftig stattfinden?

Bislang an drei wunderbaren und etablierten Orten: dem Treffpunkt Freizeit, dem Waschhaus und dem Bürgerhaus am Schlaatz. Genau wie wir stehen sie für Engagement und Offenheit und sind ein fester Bestandteil der kulturellen Szene für Familien, speziell für Kinder und Jugendliche, in Potsdam.

Du hast ein tolles Team zusammengestellt. Kannst du uns darüber schon etwas verraten?

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Ja, gerne! Judith Kamphues kenne ich dem Studium in Lübeck. Sie hat dort Solo-Gesang und Gesangspädagogik studiert und wird beim ChorWerk Stimmbildung anbieten. Zur Zeit ist sie u.a. Dozentin an Musikhochschulen in Berlin und Dresden und hat in Berlin u.a. beim Staats- und Domchor und im Education-Programm der Berliner Philharmoniker gearbeitet. Julian D. Clement kenne ich, seit er sieben Jahre alt ist und in meinem Knabenchor angefangen hat. Danach ist er nach Leipzig zu einem Gesangsstudium gegangen und setzt das jetzt dort im Bereich Oper fort. Auch er wird bei uns Stimmbildung übernehmen und ich freue mich, mit Judith und Julian so kompetente, sympathische und einfach tolle Partner an meiner Seite zu haben.

Die ersten Angebote für die Mädchen und für die Jungs bietet ihr kostenfrei an. Wie ist das möglich?

Im Moment gibt es großartige Förderprogramme, mit denen das Bundesministerium für Bildung und Forschung gerade für Kinder und Jugendliche eine Menge Geld zur Verfügung stellt. Wir haben uns dabei mit Projekten sowohl für die Mädchen als auch für die Jungs beworben, aber uns wurde gleich mitgeteilt, dass sehr viele Anträge eingegangen sind. Aber – die Jury hat beide Anträge genehmigt, denn sie fanden unsere Projekte wirklich spannend! Alle Infos darüber findet man auf unserer ChorWerk Potsdam-Webseite

Und welche Voraussetzungen muss ich als Kind oder Jugendliche:r mitbringen, um beim ChorWerk Potsdam mitzumachen?

Jeder kann mitmachen! Man sollte Lust und Spaß am Singen haben oder einfach neugierig darauf sein. Und es ist wirklich unwichtig, ob man Anfänger ist oder ob man schon mal in einem Chor mitgesungen hat. Bei uns gibt es auch kein Vorsingen, jeder ist herzlich willkommen.

Fehlt den Kindern heutzutage eine Beziehung oder Verbindung zur Musik?

Meine Erfahrung ist, dass immer weniger gesungen wird – und das leider sowohl zu Hause als auch in den Schulen. Dabei macht Singen einfach viel Spaß und kann allen Beteiligten (Ausführenden und Publikum) viel geben.

Und was ist mit den Erwachsenen, die gern heimlich unter der Dusche singen?

Die sind bei uns natürlich auch willkommen! Dafür haben wir zunächst einmal die Pop- und Jazz- Workshops geplant, dort kann man sich wunderbar ausprobieren.

Am Sonntag, den 24.4. wird es den ersten Kennenlern-Nachmittag im Waschhaus geben.

Ja, genau! Dort stellen wir uns ab 15 Uhr erstmal vor und hoffen natürlich, dass viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene erscheinen. Anfang Mai geht es dann auch schon mit den Proben los – Details auch dazu auf unserer ChorWerk Potsdam-Webseite.

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Können die Kinder und Jugendlichen auch ihre eigenen Ideen mit einbringen?

Ja, gerne! Im Herbstprogramm der Mädchen ist z.B. vorgesehen, dass sie eine eigene Komposition entwickeln. Die Sängerinnen sollen sich mit ihren weiblichen Vorbildern auseinandersetzen und Zitate dieser Frauen oder Mädchen heraussuchen, die ihnen besonders gut gefallen. Auch bei dem Projekt der Jungs sollen diese ihre Ideen einbringen können.

Und wohin soll die Reise mit dem ChorWerk gehen? Welche Wünsche oder Ziele hast du?

Erstmal hoffen wir auf einen fulminanten Start und freuen uns auf viele Besucher:innen auf unserer Internetseite und eine große Anzahl an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beim Kennenlern-Nachmittag. Dann wünschen wir uns, dass sich das Ganze stabilisiert und weiterentwickelt. Wir wollen unseren Platz in der Stadt finden und unser Angebot dann Stück für Stück erweitern. Durch unsere besondere Struktur wird es auch möglich sein, durchdacht und z.T. dramaturgisch gestaltet gemeinsame Konzerte aller Gruppen zu geben, bei denen jeder Chor mit seiner speziellen Art Teil eines großen Ganzen ist. Außerdem ist vorgesehen, dass Kinder und Jugendliche, die „mehr“ wollen, bei uns eine D-Ausbildung im Chorsingen machen können. Auch dazu finden sich Details auf unserer Internetseite und wir laden alle Interessierten herzlich ein, dabei zu sein!

Lieber Hans-Joachim, wir wünschen Euch für das ChorWerk Potsdam alles Gute und einen tollen Start!

→ zur Webseite von ChorWerk Potsdam
→ ChorWerk Potsdam bei Facebook und Instagram

Fotos: Potsdamwebdesign.de / Waschhaus: Markus Zumbansen

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